2. Ideen, die aus der Funktionalität geboren wurden

Iwata:

Ursprünglich war der Verkaufsstart von Twilight Princess für Ende 2005 angesetzt, aber dann entschlossen wir uns, die Veröffentlichung um ein Jahr zu verschieben. Mit dieser Entscheidung haben wir gewissermaßen gegen Ende des Rennens die Ziellinie noch mal ein Stück weiter weg versetzt. Hinzu kam noch die Herausforderung, eine Version für die Wii-Konsole zu entwickeln, und ich denke, das hat für zusätzliche Schwierigkeiten gesorgt. Ich würde gerne von Ihnen wissen, wie Sie über die Verlängerung dachten und wie sie sich auf das Projekt ausgewirkt hat. Fangen wir doch mit Ihnen an, Oyama-san.

Oyama:

Nachdem die Entscheidung zur Verlängerung endgültig gefallen war, war ich erleichtert, weil wir so noch mehr Dinge einbauen konnten; auf der anderen Seite jedoch wurde mir klar, dass ich jetzt noch ein weiteres Jahr mit diesem Projekt verbringen würde. Letzten Endes überwog aber die Freude, noch mehr einbauen zu können, denn bei der Vorführung des ersten Trailers zu Twilight Princess auf der E3 2004 konnte ich spüren, welch große Erwartungen an uns gestellt wurden.

Iwata:

Die ganze Welt erwartet, dass es das beste Zelda aller Zeiten wird, nicht wahr? Ich kann mir vorstellen, dass diese Erwartung großen Druck auf Sie ausübte.

Oyama:

Beim Entwicklungsaufwand haben wir sogar Ocarina of Time übertroffen. Allerdings wollte ich mich nicht beeilen, um alles zu einem gewissen Termin eingebaut zu haben, und es war mir lieber, die nötige Zeit zur Verfügung zu haben, um alles ordentlich zu machen.

Iwata:

Wie war es bei Ihnen, Nishimori-san?

Nishimori:

Ich sah in der Verlängerung die Chance, das Spiel weiter zu verfeinern. Bei Zelda-Spielen gibt es immer etwas zu verbessern, und man beendet die Entwicklung nur, weil der Abgabetermin naht. Anders gesagt, wird niemals ein Zelda-Spiel lange vor dem Abgabetermin fertig werden. Es war ein Projekt, bei dem man immer mehr Zeit gebrauchen konnte, um es zu vervollkommnen. Die zusätzliche Zeit verwendet man nicht nur, um kleinere Anpassungen vorzunehmen, sondern auch, um so viele neue Elemente wie möglich hinzuzufügen. Je mehr Zeit ich habe, desto zufriedener bin ich. Doch zu dem Zeitpunkt, als entschieden wurde, die Veröffentlichung zu verschieben, war ich mir noch nicht ganz sicher, wie viel Zeit ich für meine Arbeit benötigen würde.

Iwata:

Bei einem so großen Projekt ist es schwer einschätzbar, wie schnell man arbeiten muss. Natürlich weiß man am Anfang eines Projekts noch nicht, wie viel Arbeit einem bevorsteht. Kitagawa-san, was dachten Sie über die Fristverlängerung?

Kitagawa:

Wenn ich ehrlich bin, war ich ebenfalls froh über die Verlängerung. Zu Beginn des Projekts hatte mir der Projektleiter, (Eiji) Aonuma-san, gesagt, wie viele Dungeons wir machen sollten, und das wäre in der ursprünglich veranschlagten Zeit nicht machbar gewesen. Durch die Verlängerung dagegen konnten wir einen einhaltbaren Zeitplan für so viele Dungeons ausarbeiten. Natürlich haben wir dabei sowohl ihre Anzahl als auch ihre Qualität berücksichtigt. Die Dungeons in Zelda machen den größten Teil des Spiels aus, deswegen wäre es unsinnig, wenn nur die Oberwelt des Spiels vollständig wäre. Wir haben konstant Hinweise von Leuten, die das Spiel testeten, bekommen, wie man den Spieler bestimmte Gegenstände benutzen lassen könnte oder wo wir die Kamera am besten positionieren könnten - so konnten wir die Dungeons ständig verbessern. Ich bin dankbar für dieses zusätzliche Jahr, da wir dadurch die Dungeons so weit verfeinern konnten, dass ich persönlich sehr zufrieden mit ihnen bin.

Iwata Asks
Iwata:

Miyagi-san, was meinen Sie?

Miyagi:

Ich war immer der Ansicht, dass die ursprüngliche Frist nicht ausreichend sei, deswegen erschien mir die Verlängerung nur logisch. Da das Spiel weder von der Qualität noch vom Umfang her ausgereift war und wir auch keinen klaren Entwicklungszeitplan hatten, musste ich nach der Verlängerung die Situation erst einmal neu überdenken. Als mir klar wurde, dass wir das Spiel in der ursprünglich vorgesehenen Zeit nicht fertig stellen konnten, fühlte ich mich ausgebrannt. Mich wieder aufzurappeln war wirklich schwer. Bevor die Entscheidung für die Verlängerung fiel, arbeitete ich jeden Tag an den jeweils benötigten Dingen, den Abgabetermin immer vor Augen. Die Verlängerung war eine Chance, erneut zu beginnen Und dass wir unsere Vorgehensweise noch einmal überdenken konnten, spielte eine wichtige Rolle bei der Lösung vieler Probleme.

Iwata Asks
Iwata:

Wenn man keine Zeit mehr hat, versucht man nur noch, alles bis zum Abgabetermin fertig zu bekommen. So verliert man das große Ganze aus den Augen und kann keine Entscheidungen mehr treffen, die sich letzten Endes als positiv für das ganze Projekt erweisen.

Miyagi:

Ja, das stimmt. Wenn ich ehrlich bin, wäre es mir lieber gewesen, wenn dieses eine Jahr schon von Anfang an eingeplant gewesen wäre! (Lachen)

Iwata:

Das kann ich mir denken! (Lachen) Tominaga-san, wie war es für Sie?

Tominaga:

Da ich erst unmittelbar vor dieser Entscheidung ins Team gekommen war, hat es mich eigentlich kaum beeinflusst. Ich dachte höchstens, "Das ist hart.". Eigentlich habe ich mir mehr Sorgen darüber gemacht, dass wir nun auch eine Version für die Wii-Konsole entwickeln sollten, die noch dazu fast gleichzeitig weltweit veröffentlicht werden würde. Aber als ich gesehen haben, wie man sich bei Nintendo gemeinsam anstrengt und zusammenarbeitet, wenn der Abgabetermin näher rückt, da habe ich verstanden, in was für einer großartigen Firma ich arbeite.

Iwata:

Und Kyogoku-san, wie steht es mit Ihnen?

Kyogoku:

Ich habe mich ebenfalls über die Verlängerung gefreut, weil ich so noch etwas mehr an dem Spiel arbeiten konnte. Ich war für die Texte im Spiel verantwortlich, und ihre Lokalisierung für die weltweite Veröffentlichung war kein leichtes Unterfangen, auch mit dem zusätzlichen Jahr. Beim Text macht man immer Änderungen bis zum letzten Augenblick. Ehrlich gesagt, wäre es mir Recht, wenn wir die Veröffentlichung noch einen Monat verschieben könnten...

Iwata Asks
Iwata:

Damit brächten Sie mich in Teufels Küche! (Lachen) Es gibt einfach Dinge, die man immer weiter verbessern könnte, nicht wahr?

Kyogoku:

Ja, da haben Sie Recht! (Lachen)

Iwata:

Was hielten Sie davon, einen GameCube-Titel für die Wii-Konsole zu konvertieren? Ich stelle mir das natürlich schwierig vor, aber nennen Sie uns doch bitte auch ein paar positive Aspekte bei der Entwicklung der Wii-Version.

Oyama:

Am Anfang hatte ich ehrlich meine Zweifel, ob wir das schaffen können, schließlich handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche Plattformen. Auch innerhalb des Entwicklerteams gab es zunächst einen gewissen Widerstand, da uns der GameCube-Controller das besser geeignete Eingabegerät für dieses Spiel zu sein schien. Das ist ein weit verbreitetes Gefühl, nicht wahr? Man zeigt den Leuten etwas, und ganz egal, wie gut es ist, sie finden etwas, das ihnen vertraut ist, besser. Besonders in der Phase der Feinabstimmung fühlte sich die Steuerung jede Woche anders an. Ich muss gestehen, dass ich zu diesem Zeitpunkt ein bisschen besorgt war. Aber nachdem sich der Projektleiter, Aonuma-san, nach einer langen "Trial-and-Error"-Phase für die jetzige Steuerung entschieden hatte, begann die Entwicklung besser zu laufen. Nach der diesjährigen E3 konnte ich die Steuerung das erste Mal ausprobieren, und mir wurde klar, wie viel Spaß die Spieler damit haben würden. Ab da gingen unsere letzten Korrekturen schnell voran.

Iwata:

Nishimura-san?

Nishimori:

Dass sich die endgültige Version des Spiels so hervorragend zusammenfügt, erfüllt mich mit großer Zufriedenheit. Leute, die die Wii-Version zum ersten Mal spielen, können oft gar nicht glauben, dass das Spiel ursprünglich für den GameCube entwickelt wurde. Es freut mich wirklich, dass die Leute denken, es sei so gut gemacht, dass es sich anfühlt, als wäre es von Grund auf für die Wii-Konsole entwickelt worden. Als es hieß, wir sollten auch eine Version für die Wii-Konsole entwickeln, dachte ich zuerst, es sei unmöglich, ein gutes Zelda-Spiel mit nur so wenigen Knöpfen zu entwickeln. Doch letzten Endes wurde durch die Wii-Fernbedienung der Spielspaß noch erhöht, und das finde ich fantastisch.

Iwata Asks
Kitagawa:

Wenn man mithilfe der Fernbedienung mit dem Bogen oder den diversen Wurfgegenständen zielt, dann fühlt man sich beinahe als Link. Wenn ich mich jetzt bei der Entwicklung für einen Controller entscheiden müsste, dann wäre es eindeutig die Wii-Fernbedienung. Das Schwert schwingen, mit dem Bogen schießen, Links Wirbelattacke: es fühlt sich alles ganz anders an. Am Anfang mag es noch verwirrend sein, aber ich bin ehrlich überzeugt davon, dass man nicht weiß, wie gut dieser Controller tatsächlich ist, bevor man ihn in der Hand hatte.

Iwata:

Sie meinen also, man soll Neues nicht verwerfen, bevor man es nicht selbst probiert hat, oder?

Kitagawa:

Sie bringen es auf den Punkt! (Lachen)

Iwata:

Miyagi-san, wie ist Ihre Meinung dazu?

Miyagi:

Ich persönlich bin kein sehr guter Spieler, deswegen stellte ich mir die Steuerung mit dem GameCube-Controller etwas schwierig vor. Die Tatsache, dass die Wii-Fernbedienung weniger Knöpfe hat, empfand ich sogar als Verbesserung. Als die Entscheidung gefallen war, eine Wii-Version zu entwickeln, dachten wir, wir müssten komplett von vorne anfangen. Ich selbst wollte so schnell wie möglich mit der Entwicklung der Wii-Version beginnen.

Nishimori:

Eine Schwierigkeit bestand natürlich darin, beide Versionen auf ihre jeweilige Plattform maßzuschneidern. Da wir bei der Entwicklung der Steuerung für die GameCube- und die Wii-Version sehr gründlich sein mussten, verdoppelte sich unsere Arbeit sozusagen. Obwohl wir ein Jahr länger zur Verfügung hatten, konnten wir es uns nicht erlauben, untätig zu sein. Das Gegenteil war der Fall - wir haben bis zum Ende an dem Projekt gearbeitet.

Iwata:

Es scheint ja sowohl Licht als auch Schatten gegeben zu haben. Darunter fällt wohl auch Miyamoto-sans "Umwerfen des Kaffeetischchens"1. (Lachen) Falls Sie diese Erfahrung gemacht haben, erzählen Sie uns doch bitte, wie es für Sie war. 1Dies ist eine Anspielung auf eine alte japanische Comic- und Zeichentrick-Serie, "Hoshi of the Giants". In dieser Serie warf der strenge Familienvater einmal das Kaffeetischchen um, während die Familie dort aß. Durch Shigeru Miyamotos Angewohnheit, in letzter Minute noch Änderungen vorzuschlagen, die dafür sorgen, dass die Beteiligten an dem jeweiligen Projekt alle Hände voll zu tun haben, sie noch vor dem Abgabetermin umzusetzen, wird seine Arbeitsweise oft damit verglichen.

Oyama:

Bei mir gab es eigentlich in dieser Hinsicht nichts Besonderes! (Lachen) Ich dachte, "Das ist das, von dem alle reden? Das ist alles?"

Iwata:

Sie hatten mehr erwartet? (Lachen)

Oyama:

Ja, genau! (Lachen) Beispielsweise sagte er mir zum Gegnerdesign, dieser Gegner sei etwas zu stark oder jener Gegner etwas zu schwach. Aber am wichtigsten war für mich, wenn er mir erklärte, wie der Durchschnittsspieler etwas wahrnehmen würde. Wenn man sich jeden Tag nur mit den Gegnern beschäftigt, geht einem ein wenig das Gefühl für Spielbalance verloren und man neigt dazu, die Schwierigkeit auf erfahrene Spieler auszulegen. Aber man kann sich darauf verlassen, dass Miyamoto-san die Dinge vom Standpunkt eines Durchschnittsspielers betrachtet.

Iwata Asks
Iwata:

Ich verstehe. Gab es bei Ihnen etwas, Nishimori-san?

Nishimori:

Auch ich habe Geschichten von Miyamoto-san gehört, und während wir die letzten Änderungen vornahmen, lebte ich in ständiger Angst, er würde "das Kaffeetischchen umwerfen".

Iwata:

"In ständiger Angst..." (Lachen)

Nishimori:

Ich saß in der Nähe von Aonuma-san, und gelegentlich kam Miyamoto-san vorbei, um verschiedene Dinge mit ihm zu besprechen. Ich wollte immer wissen, was er zu sagen hatte, deswegen habe ich sie belauscht. Aber genau wie bei Oyama-san gab es kein "Umwerfen des Kaffeetischchens" in Bezug auf Links Aussehen oder Animation. Ich würde vielmehr sagen, er hat uns während der ganzen Entwicklung immer wieder wertvolle Hinweise gegeben. Er hat auch nichts umgeworfen, sondern Verbesserungsvorschläge gemacht. Einen Ratschlag, den er uns gab, war bezüglich des Designs des Wolfes. Link wird in diesem Spiel in ein wolfsähnliches Tier verwandelt, d.h. der Spielercharakter bewegt sich manchmal auf vier Beinen. Als wir über das Aussehen des Wolfes sprachen, sagte Miyamoto-san: "Es ist langweilig, immer nur die Rückseite eines vierbeinigen Tieres zu sehen." Wenn man einen Vierbeiner von der Seite oder schräg hinten sieht, kann man die Bewegung der Beine und die gesamte Art der Bewegung des Charakter sehen. Doch den Charakter von hinten zu sehen, ist im Vergleich zur Bewegung eines menschlichen Charakters langweilig. Deswegen sagte uns Miyamoto-san, wir sollten jemanden auf dem Wolf reiten lassen. Zuerst hatten wir dafür einen eher unwichtigen Charakter, aber inzwischen spielt er eine zentrale Rolle im Spiel.

Iwata:

Ah, ich verstehe! Was ich daran wirklich interessant finde, ist, dass Miyamoto-san Dinge aus einer funktionellen Perspektive heraus betrachtet. Er wollte nicht aus Storygründen, dass ein Charakter auf dem Wolf reitet. Vielmehr sollte er eine Funktion erfüllen, da es "langweilig ist, immer nur die Rückseite eines vierbeinigen Tieres zu sehen". Es ist wirklich interessant, zu sehen, dass die Idee mit dem Charakter auf dem Rücken des Wolfs auf diese Weise entstanden ist. Man kann dabei ganz klar die Handschrift von jemandem erkennen, der einen Hintergrund als Industriedesigner hat. Ich schweife jetzt ein wenig ab, aber als Miyamoto-san Yoshi in Super Mario World eingeführt hat, stand dahinter ebenfalls der Gedanke der Funktionalität. Das SNES konnte nicht sehr viele Sprites (eine Methode, um grafische Objekte auf einem Bildschirm darzustellen) gleichzeitig darstellen. Yoshi hat die bekannte Form erhalten, weil sie es erlaubte, die Zahl der Sprites zu minimieren, wenn die Sprites für Mario und Yoshi übereinander liegen. Wenn man sich die ursprünglichen Zeichnungen für Yoshi ansieht, erkennt man, dass dieser Charakter ausschließlich unter funktionalen Aspekten entworfen wurde. Yoshi bekam nicht etwa das Aussehen eines Dinosauriers, weil wir Mario auf einem Dinosaurier reiten lassen wollten, sondern weil uns die technischen Einschränkungen nur die Form eines Dinosauriers erlaubten. Entschuldigen Sie bitte mein Abschweifen! (Lachen) Kitagawa-san, wurden bei Ihnen "Kaffeetischchen umgeworfen"?

Kitagawa:

Ich muss ehrlich zugeben, dass auch ich keine Erfahrung gemacht habe, bei der ich sagen konnte: "Das ist es! Jetzt hat er den Tisch umgeworfen!" Ich würde sagen, dass es nicht dazu kam, weil durch die Verlängerung unsere Entwickler so viele neue Ideen hatten, dass einfach kein Raum dafür war, alles umzukrempeln. Sobald wir etwas eingebaut hatten, haben wir mehrfach getestet, ob es funktioniert, und die Aspekte, die nicht funktionierten, entfernt und überarbeitet. Deswegen sagte uns Miyamoto-san, als er dann die Dungeons spielte, nicht, wir sollten dies oder jenes tun. Er sagte nur "Wenn Sie das ein bisschen ändern, sieht das Ganze etwas besser aus" oder "Wenn Sie das so machen, wird der Weg durch den Dungeon leichter verständlich". Er hat unsere Ideen also nicht auf den Kopf gestellt, sondern uns wirklich konstruktive Vorschläge gemacht.

Iwata:

Sehr interessant. Ich bin schon gespannt, ob Sie bei Ihren Ansichten bleiben, nachdem Sie an weiteren Projekten gearbeitet haben. (Lachen) Wie war es bei Ihnen, Miyagi-san?

Miyagi:

Bei der Oberwelt, für die ich ja zuständig war, gab es nicht viele Dinge, die er geändert hat. Allerdings denke ich etwas anders als die anderen hier, ich glaube, dass Miyamoto-san seine Ansprüche etwas zurückgeschraubt hat, damit alles, was wir entwickelt haben, sich auch nach Zelda anfühlt. Als wir beispielsweise das Spiel auf der E3 vorstellten, konnte man schon mit Pfeilen auf Gegner schießen, aber ich war nicht sehr überzeugt von der Steuerung. Ich will gar nicht um den heißen Brei herumreden, ich war der Ansicht, das Bogenschießen ließe sich mit dem GameCube-Controller viel einfacher steuern. Zu diesem Zeitpunkt führte Miyamoto-san am Anfang des Spiels, der als Training für den Spieler dient, die Schleuder ein, die bis dahin noch niemand gesehen hatte. Gleichzeitig führte er eine Funktion ein, bei der, wenn man mit einer Distanzwaffe schießen will, das Geschehen für ca. eine Sekunde still steht, damit man den Zielpunkt ausrichten kann. Diese kurze Pause ist ein toller Einfall und verstärkt das Gefühl der Aufregung und Dringlichkeit beim Spieler. Als ich das selbst erlebt habe, hat sich meine Sicht des Spiels sofort geändert. Ich hatte das Gefühl, dass die Probleme, die ich mit verschiedenen Aspekten des Spiels hatte, durch Miyamoto-sans subtile Verbesserungen eines nach dem anderen gelöst wurden. Dank Miyamoto-san entspricht gerade der Anfang des Spiels, der besonders neue Spieler in die Spielwelt hineinziehen soll, sehr der Tradition von Zelda. Obwohl er nichts vollständig umgekrempelt hat, würde ich sagen, dass Miyamoto-san durch seine kleinen Änderungen sehr dazu beigetragen hat, dass unser Spiel ein richtiges Zelda-Spiel wurde. Allerdings bin ich deswegen nicht in Ehrfurcht erstarrt, sondern denke, ich sollte als Spieleentwickler etwas härter arbeiten! (Lachen)

Iwata Asks
Iwata:

Vielleicht dachten Sie, Sie sollten alles in eine ordentliche Verfassung bringen, bevor Sie Miyamoto-san ihre Arbeit zeigen?

Miyagi:

Ganz genau. Mein Eindruck war, dass Miyamoto-san sehr genau wusste, unter welchem Druck wir standen und wie viel Stress ein Projekt dieser Größe verursacht. Obwohl es so aussah, als wäre er nachsichtig mit uns, denke ich doch, dass er letzten Endes dennoch viel umgekrempelt hat.

Iwata:

Das ist eine interessante Sichtweise!

Miyagi:

Deswegen denke ich, wenn wir die Veröffentlichung noch einmal um sechs Monate verschoben hätten, hätte er offener Einfluss genommen.

Iwata:

Er wäre fordernder gewesen, so wie Ittetsu Hoshi!2 (Lachen) 2Ittetsu Hoshi war der Name des Vaters in "Hoshi of the Giants".

Miyagi:

Oh ja! (Lachen) Als Miyamoto-san daran ging, das Spiel zu testen, gab es noch viele Dinge, die wir ändern mussten. Aber vielleicht war Miyamoto-san klar, dass das Projekt aus dem Ruder laufen würde, wenn er alles zu sehr umkrempeln würde. Deswegen fing er mit den Dingen, von denen er wusste, sie würden das Spiel zu einem Zelda-Spiel machen, an, eines nach dem anderen. Als es dann am Ende ein richtiges Zelda-Spiel war, sagte er: "Es tut mir Leid, dass ich jetzt erst damit komme, aber..." - und dann änderte er all die Dinge, die ihn noch störten. Ich denke, er hat diese Vorgehensweise bewusst gewählt.

Iwata:

Ich verstehe. Wie sah es bei Ihnen aus, Tominaga-san?

Tominaga:

Wie Miyagi-san habe auch ich den Eindruck, dass er uns die Änderungen nach und nach durchführen ließ, angefangen bei den am einfachsten umsetzbaren. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Miyamoto-san die Probleme, die allen Sorgen machten, für die aber im Moment niemand Zeit hatte, durchdachte und sie methodisch abarbeitete. In der Version, die wir auf der E3 zeigten, konnte man das erste Dorf des Spiels durchspielen. Obwohl es speziell für die E3 entworfen worden war, war es ein in sich abgeschlossener Level, dessen Integration in das Hauptspiel viele Anpassungen erforderte, und wir wussten nicht, wie wir das am besten bewerkstelligen sollten. Miyamoto-san übernahm diese Aufgabe für uns und war uns damit eine große Hilfe. Ich denke, anstatt alles umzukrempeln, hat er Dinge erschaffen, die wir noch nicht in unserem Spiel hatten. Eine besonders bemerkenswerte Änderung hatte mit einer Nebenaufgabe zu tun, die in keiner Verbindung zur Hauptgeschichte stand. Sie war als optionale Aufgabe gedacht, aber gegen Ende der Entwicklung schlug Miyamoto-san vor, sie zu einem Bestandteil der Hauptgeschichte zu machen. Das hat uns in diesem Stadium des Projektes ziemlich zum Rotieren gebracht! (Lachen) Aber nachdem wir diese Änderung vorgenommen hatten, zeigte sich, dass der Gegenstand, den man als Belohnung erhält, sehr gut zum Verlauf der Geschichte passt, und wir merkten, dass es eine gute Idee war, das zu ändern. Obwohl man nicht wirklich von Umkrempeln sprechen kann, dachte ich damals, das wäre ein Beispiel dafür, wie Miyamoto-san "das Kaffeetischchen umwirft".

Iwata Asks
Iwata:

Und bei Ihnen, Kyogoku-san?

Kyogoku:

Man könnte sagen, ich saß direkt am Tisch, als er ihn umgeworfen hat! (Lachen)

Alle:

(Lachen)

Kyogoku:

Der Grund, warum wir so viele Dinge ändern mussten, war, dass es im ersten Dorf Elemente gab, die speziell für die GameCube-Version entwickelt worden waren. Das heißt konkret, dass bei vielen Aspekten der Wii-Version nicht berücksichtigt worden war, dass die Spieler weder mit dem Spiel noch der Wii-Fernbedienung vertraut sein würden. Deswegen denke ich - und das bezieht sich wieder auf die "Ideen, die aus der Funktionalität geboren wurden", die Iwata-san angesprochen hat, dass wir dem Spieler zu Beginn viele Dinge erklären mussten, damit er in der Lage ist, das Spiel zu genießen. Zunächst planten wir, die Spieler einen Tag in dem Dorf verbringen zu lassen, aber aus heiterem Himmel wurden daraus drei Tage. Wir bekamen ein Papier mit Spezifikationen, eine Art "Miyamoto-sans Drei-Tage-Plan"...

Iwata:

Aha, einen Plan mit Spezifikationen? Das bedeutet für gewöhnlich, dass er große Änderungen plant!

Alle:

(lachen)

Kyogoku:

Das ist in der Endphase des Projekts geschehen, genauer gesagt nach der E3...

Iwata:

(Lachen)

Kyogoku:

Wir hatten bereits mit der Lokalisierung begonnen. Dass er plötzlich eine so schwerwiegende Änderung durchführte, machte mich sprachlos... die Programmierung musste geändert werden, die Zahl der Gegenstände erhöhte sich und auch die Positionen der einzelnen Charaktere veränderte sich. Sogar ein Teil der Oberwelt musste angepasst werden. Auch die Texte der einzelnen Charaktere mussten geändert werden, und ich kontaktierte verzweifelt unsere Niederlassungen in Amerika und Europa. Ich musste ihnen sagen: "Dieses Dorf wird komplett geändert, also warten Sie bitte ein paar Wochen! Fangen Sie bitte noch nicht mit dem Übersetzen an!"

Alle:

(Lachen)

Kyogoku:

Also haben wir die Änderungen vorgenommen, und gerade, als es so aussah, als würden wir rechtzeitig fertig werden, wurde eine Nebenaufgabe plötzlich Bestandteil der Hauptgeschichte, wie Tominaga-san gerade gesagt hat. Also habe ich wieder alle benachrichtigt: "Es wird wieder Änderungen geben!" Ich für meinen Teil hatte ständig das Gefühl, das Kaffeetischchen werde umgeworfen. Nachdem wir es irgendwie geschafft hatten, rechtzeitig zur Veröffentlichung fertig zu werden, dachte ich: "Das ist also die "Legende" von Zelda..."

Alle:

(Lautes Lachen)

Kitagawa:

Sie haben nur darauf gewartet, das sagen zu können, habe ich Recht?

Iwata:

Skriptschreiber haben eben immer den besten Text! (Lachen) Aber im Ernst, ich denke, wie Sie schon sagten, dass Miyamoto-san den Anfang eines Spiels als extrem wichtig betrachtet. Deswegen hatte er eine so präzise Vorstellung davon, was dem Spieler an dieser Stelle vermittelt werden musste und gab klare Hinweise darauf, wo etwas fehlte, oder in welcher Reihenfolge man den Spieler an verschiedene Spielelemente heranführen sollte. Wenn sich das Projekt dem Ende nähert und das Entwicklerteam wie verrückt arbeitet, geht der Blick dafür, welche Dinge einen Spieler, der das Spiel zum ersten Mal spielt, verwirren könnten, etwas verloren. Deswegen denke ich, dass es eigentlich unvermeidbar ist, dass Miyamoto-san gegen Ende das Kaffeetischchen umwirft. Was denken Sie jetzt, wo es ruhiger zugeht, im Rückblick auf diese Änderungen?

Kyogoku:

Für Spieler, die das erste Mal spielen, ist es jetzt nicht nur einfacher, den Umgang mit der Wii-Fernbedienung zu erlernen, sie werden auch direkt in die Geschichte von Zelda hineingezogen. Deshalb bin ich wirklich froh über diese Änderungen.

Iwata:

Ich erinnere mich gerade, dass mir mal gesagt wurde, Miyamoto-sans Definition einer Idee laute folgendermaßen: "etwas, das mehrere Probleme auf einen Schlag mit nur einem Handgriff löst". Was Sie uns gerade erzählt haben, scheint dieser Definition bis aufs i-Tüpfelchen zu entsprechen. Zum Schluss habe ich noch eine letzte Frage an Sie alle: Auf welchen Teil von The Legend of Zelda: Twilight Princess sind Sie besonders stolz, auf welchen Teil des Spiels soll jeder besonders achten? Oyama-san?

Oyama:

Es gibt einfach zu vieles, um es hier aufzuzählen! (Lachen) Da ich für die Gegner zuständig war, denke ich natürlich, dass es die Kämpfe sind. Die Kampftechniken, die Auswirkungen, wenn ein Gegner getroffen wird, zu Boden fällt und verschwindet, und was Link während dieser Zeit tut. Ich möchte, dass die Spieler diese Details genießen. Auch einige Gegner aus vorhergehenden Zelda-Spielen sind mit von der Partie, und wir haben nicht nur einfach ihr Aussehen überarbeitet. Sie kämpfen jetzt auch auf etwas andere Weise, das bedeutet eine neue Herausforderung nicht nur für Anfänger, sondern auch erfahrene Spieler.

Iwata:

Nishimori-san?

Nishimori:

Da hauptsächlich die Wii-Version im Rampenlicht steht, möchte ich als erstes sagen, dass auch die GameCube-Version voller toller Einfälle steckt, also probieren Sie sie bitte aus! Natürlich spielt sie sich ganz anders als die Wii-Version. Eine der herausragendsten Funktionen, in die wir auch viel Arbeit gesteckt haben, ist das Reiten. Schon seit Ocarina of Time wollte ich unbedingt Kämpfe zu Pferde einbauen. Als wir auf der E3 die Besucher diese Kämpfe selbst ausprobieren ließen, waren die Reaktionen unglaublich positiv, doch einige im Team waren der Ansicht, wir müssten daran noch arbeiten. Miyamoto-san hat mir vorgeschlagen, Reiten zu gehen, und das habe ich auch gemacht!

Iwata Asks
Iwata:

Sie sind wirklich Reiten gegangen?

Nishimori:

Jawohl. Miyamoto-san sagte nur: "Gehen Sie Reiten!" (Lachen) Ich habe dann zusammen mit dem Designer des Pferdes und dem Verantwortlichen für die Animationen Links und des Pferdes gewissermaßen Feldstudien betrieben. Da wir alle drei Anfänger sind, haben wir das Reiten nicht vollständig gemeistert, aber wir konnten das Gefühl für die Größe des Pferdes, das man nur bekommt, wenn man wirklich neben einem steht, und das Gefühl, ein großes Tier zu reiten und nicht alles unter Kontrolle zu haben, selbst erleben. Wir haben viele Erfahrungen gemacht, z.B. wie sich das Reiten auf das Sichtfeld auswirkt, und ich denke, wir hätten bestimmte Aspekte des Spiels nicht umsetzen können, wenn wir nicht wirklich geritten wären. Das ist es, was den Spielern auffallen soll.

Iwata:

Wie steht es mit Ihnen, Kitagawa-san?

Kitagawa:

Als Verantwortlicher für die Dungeons möchte ich, dass die Spieler den Abwechslungs- und den Detailreichtum der Dungeons genießen. Um etwas konkreter zu werden: Es gibt einige Elemente aus älteren Spielen, die ihr Debüt in 3D geben, und ich bin sicher, das wird ein Lächeln auf die Gesichter der erfahreneren Spieler zaubern. Ich hoffe, dass die Spieler die harte Arbeit wertschätzen, die wir investiert haben.

Iwata Asks
Iwata:

Und Sie, Miyagi-san?

Miyagi:

Wenn ich eine Empfehlung geben oder einen Aspekt, auf den ich besonders stolz bin, nennen müsste, müsste ich für das gesamte Entwicklerteam der Außenwelt sprechen. Deswegen ist es schwer, eine einzige Sache herauszugreifen. Erstmal macht es natürlich Spaß, einfach nur auf seinem Pferd durch die weiten Ebenen von Hyrule zu galoppieren. Ich denke, die Spieler werden das Geschwindigkeitsgefühl genießen. Eine andere Sache, die mir insgeheim gefällt, ist, dass an einem bestimmten Punkt im Spiel ein Ort zugänglich wird, an dem man von den Ebenen Hyrules aus alle Berge, Seen und Flüsse sehen kann, die man zuvor durch- und überquert hat. Natürlich ist es nicht perfekt, aber wir haben uns große Mühe gegeben, alles konsistent zu gestalten. Man kann diese Aussicht zwischen seinen Abenteuern genießen!

Iwata:

Tominaga-san?

Tominaga:

Da ich eigentlich alles empfehlen kann, möchte ich den Spielern nahe legen, Umwege zu gehen und jeden Winkel der Spielwelt zu erforschen. Ich möchte ein etwas ungewöhnliches Beispiel für etwas geben, auf das ich großen Wert gelegt habe. Ich habe mich sehr darum bemüht, den Spieler auf natürliche Weise zu führen, wenn wir nicht wollten, dass er sich zu weit von der Hauptgeschichte entfernt. Eine der Stärken von Zelda liegt darin, dass man sich frei bewegen kann, aber es gibt Situationen, wo man keinesfalls möchte, dass der Spieler an einen bestimmten Ort gelangt. Deswegen muss man den Spieler führen, ohne ihn merken zu lassen, dass er geführt wird. Das ist unwahrscheinlich schwierig zu bewerkstelligen, deswegen möchte ich, dass die Spieler darauf achten, wie wir dieses Problem gelöst haben. Andererseits sollen die Spieler es nicht merken und denken: "Wow, da hat sich jemand echt angestrengt, damit es natürlich wirkt!" So gesehen sollte ich eigentlich nicht empfehlen, dass die Spieler darauf achten! (Lachen)

Iwata:

Und zuletzt, Kyogoku-san.

Kyogoku:

Die Spielwelten der GameCube- und der Wii-Version sind spiegelbildlich, links und rechts sind vertauscht. Allein durch das Verwenden eines anderen Controllers und eine spiegelverkehrte Welt erfährt man eine andere Art der Unterhaltung. Wir alle haben diese Welt täglich gesehen und sind mit ihr vertraut, aber ich verirre mich immer noch, wenn rechts und links vertauscht sind. Ich möchte wirklich, dass die Leute beide Welten erfahren. Und worauf ich vor allem Wert gelegt habe, sind die ganzen albernen Details! (Lachen) Wenn die Spieler sich durch die Spielwelt bewegen und auf etwas stoßen, das sie zum Lachen bringt und von dem sie denken, dass es absolut lächerlich ist, dann bin ich mir sicher, dass das ein eines dieser Details ist, auf die ich viel Mühe verwendet habe und von denen ich möchte, dass die Leute sie entdecken!

Iwata Asks
Alle:

(Lachen)

Iwata:

Vielen Dank, dass Sie an dieser ausgedehnten Diskussion teilgenommen haben! Ich hoffe, dass jeder dieses Spiel als das beste der Zelda-Reihe betrachten wird. Vielen Dank!

Alle:

Vielen Dank.