2. Die Notwendigkeit eines Plots

Iwata:

Und wie lautet nun der Titel dieses Einzelspielermodus?

Sakurai:

Er lautet „Subraum-Emissär“.

Iwata:

Wie verlief die Entwicklung des Subraum-Emissärs?

Sakurai:

Die Entwicklung begann, nachdem für den Vorgänger Super Smash Bros. Melee Stimmen laut wurden, die nach einer Geschichte verlangten. Super Smash Bros. Brawl in einen durchgehenden Handlungsstrang einzubetten, steht etwas konträr zu meiner Auffassung dieses Actionspiels, aber dass einige Spieler eine Geschichte wünschten, war ein schlichtes Faktum. Nun lebt die Super Smash Bros.-Serie von den unterschiedlichsten Charakteren, welche sich normalerweise nicht in eine fortlaufende Handlung einfügen lassen.

Iwata:

Jeder Charakter folgt seiner eigenen Weltsicht, ist seines Schicksals Kind und hat die verschiedensten Bürden geschultert.

Sakurai:

Ja. Allerdings müssen wir gar nicht so weit gehen. Sicher hat jeder seine eigene Weltanschauung, aber es wirkt rein optisch sehr befremdend, wenn zum Beispiel Mario und Link nebeneinander stehen.

Iwata:

Das ist allerdings wahr.

Sakurai:

Ihre grafische Gestaltung trägt eine andere Handschrift und insbesondere ihre unterschiedliche Körperstatur macht das Bild als solches gewöhnungsbedürftig und unharmonisch. In einem actionlastigen Kontext stäche dies vermutlich gar nicht mal so sehr ins Auge. Anders jedoch in einer Rendersequenz mit ernsthaftem Hintergrund. Ein gemeinsamer Auftritt würde eher eine ungewollte Komik haben, was mir schon beim Entwerfen des Konzeptpapiers klar war.

Iwata Asks
Iwata:

Ist es wahr, dass Sie beinahe das Handtuch geschmissen hätten?

Sakurai:

Ja, beinahe.

Iwata:

Und doch sponnen Sie eine Geschichte um das Spiel.

Sakurai:

Ja, Ausschlag gab das in Super Smash Bros. Melee verwendete seitliche Scrollen des Bildschirms. Zu Beginn war es mein Ziel, diese Funktion noch weiter auszubauen und zu verbessern. Nachdem ich lange darüber grübelte, wie man ein Spiel, das auf seitliches Scrollen aufbaut, noch interessanter gestalten kann, kam ich zu dem Resultat, dass man beim Spieler die Erwartung auf das, was als nächstes kommt, anfachen müsse.

Iwata:

Die Freude auf das Kommende, auf das Unerwartete ist in solchen Spielen des Spielers größter Antrieb.

Sakurai:

Richtig. Früher brachte man halbherzig entwickelte Spiele auf den Markt, die dem Spieler kein klares Ziel präsentierten und deswegen keinen wirklichen Anreiz zum Spielen boten. Heutzutage geht das natürlich nicht mehr. So kamen wir zu dem Schluss, die Action in einer Geschichte zu verpacken. Doch schon wurden wir mit dem nächsten Problem konfrontiert, war doch Super Smash Bros. Brawl kein Spiel, das von einem einzelnen Helden getragen wurde, sondern von einer ganzen Reihe von Charakteren, die allesamt qualifiziert sind, in die Rolle des Helden zu schlüpfen. Eine Geschichte zu schreiben, die diesem Umstand gerecht würde, bereitete mir ganz schön Kopfzerbrechen.

Iwata:

Klingt kniffelig.

Sakurai:

Das war es. Vor diesem Hintergrund konsultierten wir Herrn Kazunari Nojima, der unter anderem das Drehbuch für Final Fantasy VII schrieb, und baten ihn um die Ausarbeitung eines Drehbuches.

Iwata:

Beim Autor von Final Fantasy VII das Drehbuch für Super Smash Bros. Brawl in Auftrag zu geben, ist ein ganz schön bestechendes Vorhaben.

Sakurai:

In der Tat. (lacht) Allerdings baten wir nicht, um ein von Null auf neu geschriebenes Drehbuch, sondern machten bestimmte Vorgaben über Weltanschauung und Charaktereigenschaften und arbeiteten auf dieser Basis zusammen. Doch erreichte uns in der ersten Fassung eine unerwartete Handlung.

Iwata:

Es entsprach nicht Ihren Erwartungen?

Sakurai:

Eigentlich nicht. Es war keineswegs schlecht oder dergleichen, sondern war als Drehbuch durchaus anziehend, aber entsprach nicht der Geschichte, die mir vor Augen schwebte. Konkret: Samus, Donkey Kong sitzen im Bus. Auch Snake sitzt in einiger Entfernung zu den beiden im Bus und sie sind zusammen auf dem Weg in die Arena. In groben Zügen war das die Handlung. (lacht) Ich dachte an eine etwas seriösere Geschichte. Beispielsweise eine Rettungsaktion. Eine große Einheit muss eine vernichtende Niederlage einstecken, ein Held kann jedoch der Gefangenschaft entfliehen und rettet dann seine Gefährten. Eine Handlung mit Kontroversen. Nach engerem Zusammenarbeiten entstand dann als Resultat die Geschichte des

Video: Subraum-Emissärs

Und wie lautet nun der Titel dieses Einzelspielermodus?
Subraum-Emissärs .

Iwata:

Es entstand also in kongenialer Zusammenarbeit ein Werk, das weder der eine noch der andere alleine hätte schreiben können.

Sakurai:

Richtig. Eine Aussage, die man auf das gesamte Spiel beziehen kann. Die unterschiedlichsten Menschen trafen mit ihren Gedanken und Talenten aufeinander und bildeten das Gerüst, auf dem das Projekt entstand. Ich bin überzeugt, dass wenn nur eine einzige Person gefehlt oder durch eine andere ersetzt worden wäre, auch ein anderes Spiel entstanden wäre. Auch aus dieser Perspektive hatte die Entwicklung dieses Spiels etwas Einzigartiges und Einmaliges.