5. Jetzt auch mit Mehrspieler-Modus

Iwata:

Tut mir leid, dass wir Sie so lange haben warten lassen, Mr. Tanabe.

Tanabe:

Das macht doch nichts.

Iwata:

Sie hatten den Auftrag, Spiele, die von Genyo Takeda, Nintendos erstem Spieldesigner, entwickelt wurden, zum neuen Leben zu erwecken. Warum haben Sie an diesem Projekt gearbeitet?

Tanabe:

Alles begann damit, dass Next Level Games das Spiel machen wollte.

Iwata:

Sie haben "Mario Strikers Charged"16 mit dem kanadischen Spielentwickler "Next Level Games" gemacht, nicht wahr? 16 "Mario Strikers Charged": Ein Fußballspiel mit Actionelementen, das im September 2007 für die Wii-Konsole erschien.

Tanabe:

Genau. Nachdem wir "Mario Strikers Charged" fertig stellten, diskutierten wir, was wir als Nächsten tun sollten. Ich hörte, dass sie eine neue Version einer von Nintendos Marken machen wollten. Da "Punch-Out!!" sich über die Jahre großer Beliebtheit in Amerika erfreute, sagten sie, sie wollten eine neue Version entwickeln.

Iwata Asks
Miyamoto:

NoA hatte auch schon seit geraumer Zeit nach einer neuen Version von "Punch-Out!!" verlangt.

Iwata:

Was war das Erste, das Ihnen Mr. Takeda oder Mr. Miyamoto sagten, als Sie das Projekt nach Ihrer Rückkehr nach Japan besprachen?

Tanabe:

Als Erstes ging ich zu Mr. Miyamoto und er sagte mir, ich solle mir erst die Erlaubnis von Mr. Takeda holen.

Iwata:

Da er ursprünglich das Spiel entworfen hat. Wie fiel Mr. Takedas Reaktion aus?

Tanabe:

Ich wollte ursprünglich die Entwicklungszeit möglichst kurz halten, weshalb ich nur mit dem Material arbeiten wollte, das schon da war. Als ich aber mit Mr. Takeda sprach, sagte dieser: "Bauen Sie auch etwas Neues ein?"

Takeda:

"Punch-Out!!" war ursprünglich als Arcade-Spiel konzipiert. Es verfügte also über einfache Elemente, mit denen der Kunde innerhalb von drei Minuten erkennen konnte, was das Spiel zu bieten hatte. Wenn alle dieses einfache Konzept des Spiels toll fänden, wäre es wunderbar, als ich aber von dem neuen Projekt hörte, fragte ich mich, ob das genug wäre.

Iwata:

Sie hatten also das Gefühl: "Warum sollten wir das jetzt machen?"

Takeda:

Genau deshalb antwortete ich auch: "Sie können alles ändern, was Sie wollen."

Iwata:

Das Original vergessen und tun, was auch immer Sie wollen. Was hielten Sie davon, Mr. Tanabe?

Iwata Asks
Tanabe:

Ich wusste nicht, was ich tun sollte. (lacht)

Iwata:

Es ist schwer zu wissen, was man tun soll, wenn man einem sagt, er kann tun, was er will. (lacht)

Tanabe:

Ich habe die NES-Version zur damaligen Zeit ausführlich gespielt. Mir ist aufgefallen, dass das Original einen Grad der Vollständigkeit erreicht, der kaum zu überbieten ist, so dass man nichts mehr hinzufügen möchte. Einzigartige Gegner erscheinen einer nach dem anderen und ich war der Meinung, das Gefühl, die Lösung für ein Rätsel gefunden zu haben, – zum Beispiel, wenn man das Funkeln in den Augen des Gegners rechtzeitig entdeckt – kam richtig gut herüber.

Miyamoto:

Es war ein Vorläufer von Gedächtnisspielen.

Takeda:

Absolut.

Miyamoto:

Das Gameplay bot ein Gleichgewicht zwischen dem Einprägen der gegnerischen Bewegungsmuster und den Reflexen des Spielers.

Takeda:

Die Arcade-Version endet nach drei Minuten, ich implementierte aber die Gedächtniselemente, damit man mit der NES-Version länger spielen kann.

Iwata Asks
Tanabe:

Deshalb wollte ich die Wii-Version nach dem Muster der NES-Version konzipieren. Das Spielsystem benötigte nicht wirklich eine Neuerung. Deshalb ist das Gefühl, wenn Sie die Gegner alle das erste Mal besiegen, nahezu das gleiche wie auf dem NES. Die Figuren sind, bis auf eine neue, dieselben.

Iwata:

Leute, die die NES-Version gespielt haben, konnten also sehr leicht in die Kämpfe einsteigen, wenn sie sich denn von früher erinnerten konnten, wie man die Gegner schlägt.

Tanabe:

Ja, so ist es. Ich glaube, diese Spieler können beim ersten Durchgang alle leicht schlagen. Beim zweiten Mal sieht das schon etwas anders aus. Außerdem wurde es so entworfen, dass selbst Anfänger es bis zum dritten Gegner schaffen würden, wenn sie einfach nur auf sie eindreschen.

Iwata:

Die Grafik hat sich dagegen sehr geändert.

Tanabe:

Wir haben das ursprüngliche Design hergenommen, es in 3D-Modelle umgewandelt und diese anschließend im Cel-Shading-Verfahren gerendert. Das verleiht der Darstellung mehr Ausdruckskraft, insbesondere bei der Vorstellung der Kämpfer. Wenn zum Beispiel Glass Joe...

Iwata:

Der Franzose mit dem Glaskinn. (lacht)

Tanabe:

Das wäre eine Idee von den Leuten von Next Level Game. Das Erste, was die Leute bei Frankreich denken, ist Mode.

Video: Wir ließen ihn also auf eine elegante Art und Weise erscheinen, wie er einen Kaffee vor dem Arc de Triomphe schlürft

Tut mir leid, dass wir Sie so lange haben warten lassen, Mr. Tanabe.
Wir ließen ihn also auf eine elegante Art und Weise erscheinen, wie er einen Kaffee vor dem Arc de Triomphe schlürft und ein Baguette vor dem Eiffel-Turm hält. Dann kommt der Übergang zum Boxring.

Wada:

Aber, solche Franzosen gibt es doch gar nicht!

Tanabe:

Oh, doch... (lacht)

Alle:

(lachen)

Tanabe:

Video: Beim Rückkampf gegen Glass Joe

Tut mir leid, dass wir Sie so lange haben warten lassen, Mr. Tanabe.
Beim Rückkampf gegen Glass Joe trägt dieser dann einen Kopfschutz.

Iwata:

Damit man sein Glaskinn nicht erwischen kann. (lacht)

Tanabe:

Richtig. Wir nutzten die verbesserten Darstellungsmöglichkeiten der Wii-Konsole, um das Spiel optisch ansprechender und unterhaltsamer zu gestalten, aber...

Iwata:

Aber?

Tanabe:

Mir wollte nicht aus dem Kopf gehen, was Mr. Takeda sagte.

Iwata:

"Bauen Sie auch etwas Neues ein?" Die Worte des ursprünglichen Schöpfers tragen ein bestimmtes Gewicht, nicht wahr? (lacht)

Iwata Asks
Tanabe:

Das tun sie wirklich. Deshalb entschieden wir uns, das Wii Balance Board zu unterstützen.

Miyamoto:

Die Kompatibilität mit dem Wii Balance Board funktionierte sogar besser als erwartet, nicht wahr? Man kann sein Gewicht von links nach rechts verlagern und sich ducken.

Tanabe:

Es verlieh ein interessantes Spielgefühl, wenn aber die Eingebemöglichkeit sich so schlagartig ändert...

Miyamoto:

Es mag zwar den Geist des ursprünglichen "Punch-Out!!" nicht widerspiegeln, aber es macht es interessant, und nur so kommt man zu Erfolg.

Tanabe:

Man kommt dem Gefühl von richtigem Boxen sehr nahe. Ich glaube, ich ließ mich auf Mr. Takedas Herausforderung auch ein, etwas Neues einzubauen, indem ich Mehrspieler-Kämpfe integrierte.

Iwata:

Man kann einer gegen einen kämpfen.

Tanabe:

Beide Spieler kämpfen als Little Mac, wenn sie aber ihren Giga Mac Juice-Anzeige ganz auffüllen, können sie sich in eine riesige Version von Little Mac verwandeln –

Video: Giga Mac

Tut mir leid, dass wir Sie so lange haben warten lassen, Mr. Tanabe.
Giga Mac .

Iwata:

Man kann sich in eine wirklich große Spielfigur verwandeln.

Tanabe:

Wenn dies passiert, kommt es zu einer Situation, in der man gegen einen größeren Gegner spielt, wie im Einzelspieler-Modus. Aber das ist noch nicht alles: Die Schläge von Giga Mac sind sehr kräftig, ihnen auszuweichen macht viel Spaß. Wir haben außerdem ein Spielelement eingebaut, wonach der Spieler kurz "erstarrt", wenn er danebenschlägt. Wenn man in diesem erstarrten Zustand vom Gegner getroffen wird, erhöht sich seine Giga Mac-Anzeige. Die Mechanik bildet eine Situation, in der wildes Schlagen vermieden werden sollte. So kam es zu diesen taktischen Spielelementen.

Iwata Asks
Iwata:

Es ist jetzt also nicht nur ein Spiel der Reflexe, sondern auch ein Psychoduell?

Tanabe:

Ja, diese Spielelemente kommen ebenfalls vor. Wir waren in der Lage solche Elemente für Spieler einzubauen, die sich mehr strategische Spieltiefe wünschen. Am Schluss wird man aber häufig ungeduldig und aufgeregt, die Psychospielchen werden dann abgelegt und das Spiel ist ein wahrer Schlagabtausch. (lacht)

Iwata:

(lacht)

Tanabe:

Als wir diese Elemente eingebaut haben, genoss das Debug-Team offenbar ihre Arbeit sehr. Wir baten NoA, das Debugging zu übernehmen. Scheinbar fanden dort jeden Freitag Turniere statt. Es gab sogar Turniertabellen, die dort an den Wänden hingen.

Iwata:

Arbeiten oder spielen die? (lacht)

Tanabe:

Sie haben alle gesagt, dass sie das Spiel sehr genossen haben. Ich glaube daher, dass ich auf Mr. Takedas Herausforderung, etwas Neues einzubauen, gut eingegangen bin.