2. Die zweite Runde der Entwicklung

Nakanishi:

Den Anstoß zu "Resident Evil: The Mercenaries 3D" gab eigentlich, dass wir ein Spiel brauchten, das auf dem Nintendo 3DS-System läuft. Also haben wir "Resident Evil 5" auf das Nintendo 3DS-System übertragen, und das hat viel mehr Eindruck gemacht, als wir ursprünglich erwartet hatten.

Kawata:

Deshalb war unser nächster Gedanke: "Daraus können wir ein richtig gutes Produkt machen." Von den Schwierigkeiten abgesehen, ein eigenständiges Projekt daraus zu machen, würde sich die Umsetzung schon wegen der Erfahrung lohnen. Um die Steuerung weiterzuentwickeln, konnten wir erst Veränderungen an 'Mercenaries' vornehmen und 'Revelations' dann im Hinblick auf die Rückmeldungen der Spieler fertigstellen. Außerdem konnten wir selber Erfahrungen mit den Fähigkeiten des Nintendo 3DS machen, weil wir erst die Gelegenheit hatten, die Arbeit an 'Mercenaries' abzuschließen. Ich würde sagen, dass die Entwicklung von 'Mercenaries' die größte Herausforderung war, denn dieses Spiel bringt die Hardware wirklich stark an ihre Grenzen.

Nakanishi:

Unser "Resident Evil Revelations"-Team hatte schon Erfahrung mit der Arbeit an "Resident Evil: The Mercenaries 3D"; wir waren also in der zweiten Entwicklungsrunde und konnten deshalb schnell weiterkommen. Wir haben bei "Resident Evil: Revelations" Erfahrungswerte von der Arbeit an "Resident Evil: The Mercenaries 3D" genutzt, und bei "Resident Evil Revelations" wurde das Feedback berücksichtigt, dass wir zu "Resident Evil: The Mercenaries 3D" erhalten haben. Ich denke also, dass wir da wirklich im Austausch mit den Spielern standen.

Iwata Asks
Iwata:

Das ist ja wie bei den Nintendo-Mitarbeitern, die an "nintendogs + cats"9 und "Mario Kart 7"10 gearbeitet haben. Die haben ja auch eine zweite Runde bei der Entwicklung von Spielen für den Nintendo 3DS eingelegt. Manche Dinge weiß man erst, wenn man ein Spiel fertig entwickelt hat. Und deshalb war einer der Gründe für die Ausgereiftheit von "Revelations", dass Sie schon bei "Mercenaries" Erfahrung gesammelt haben. 9 nintendogs + cats: Ein Kommunikationsspiel, das in Japan im Februar 2011 für das Nintendo 3DS-System veröffentlicht wurde.10 Mario Kart 7: Ein Action-Rennspiel für das Nintendo 3DS-System, das im Dezember 2011 veröffentlicht wurde.

Kawata:

Vielleicht kriege ich Schwierigkeiten, wenn ich das jetzt sage, aber das hat auch dazu geführt, dass wir das Spiel noch vor dem geplanten Termin fertigstellen konnten.

Iwata:

Es haben einfach alle doppelt so viel gearbeitet. (lacht)

Takenaka:

Ja. (lacht) Ungefähr ein Jahr vor der Fertigstellung konnten wir uns schon um Probleme kümmern, mit denen man sich normalerweise sechs Monate vor Ende der Entwicklung beschäftigt. Die Arbeit an "Resident Evil Revelations" lief also sehr glatt.

Hori:

Sie sagen das so, als ob alles kein Problem gewesen wäre, aber wir haben uns dafür ja auch sehr stark ins Zeug gelegt! (lacht)

Iwata Asks
Takenaka:

Oh, tut mir leid. Ich möchte Ihnen dafür wirklich danken.

Nakanishi:

Tja, es war dann schließlich auch ein großer Vorteil, deshalb ist es gut, dass wir es so gemacht haben.

Kawata:

Während der Arbeit an "Mercenaries" wurden neben der Programmierung direkt auch noch andere Dinge gemacht, z. B. wurde das Skript zu "Resident Evil Revelations" geschrieben, und ich denke, dass wir da sehr effektiv Fortschritte gemacht haben. Und dafür haben die Mitarbeiter eben doppelt und dreifach so viel gearbeitet. Dafür bin ich wirklich wahnsinnig dankbar.

Iwata:

Wie war das für Sie, so hart arbeiten zu müssen?

Hori:

Um ehrlich zu sein ... die Entwicklungsphasen haben sich wirklich komplett überschnitten.

Nakanishi:

Aber mit "Mercenaries" waren Sie Ende 2010 an einem Punkt, wo Sie dann erstmal etwas aufatmen konnten.

Iwata:

Mr. Hori, was war Ihrer Meinung nach das Geheimnis dahinter, in so kurzer Zeit so eine beeindruckende Grafik zu erreichen?

Hori:

Ich denke, das mit der grafischen Darstellung ist so gut gelaufen, weil wir uns von vornherein auf das Schlüsselelement des Horrors festgelegt hatten, und es war auch schon klar, dass das Skript auf einem Schiff auf dem Meer spielen sollte. Mr. Kawata hat mich dann nach der E3 dazugeholt.

Iwata Asks
Kawata:

Ich habe ihn darum gebeten, die Grafik aus der Demo, die wir gerade noch rechtzeitig zur E3 fertigstellen konnten, für ein komplettes Spiel auszuarbeiten.

Iwata:

Sie wären aber auch nicht zufrieden gewesen, wenn Sie im fertigen Spiel ein Grafiksystem verwendet hätten, über das die Leute gesagt hätten: "Das sieht aber nicht genauso gut aus."

Hori:

Stimmt. Also habe ich mit den Programmierern gesprochen, die Speicherauslastung überprüft und darüber nachgedacht, was ich tun könnte. Ein Teil meiner Aufgabe war es ja auch, mit anderen Leuten über das Level-Design11 - also Umgebungs-Design und Grundrisse - zu sprechen und dabei bestimmte Entscheidungen zu treffen. 11 Level-Design: Das Design von Räumlichkeiten, Umgebungen, Herausforderungen u. Ä. für die Level-Karten oder Bereiche im Spiel.

Iwata:

Legen die Art Directors bei Capcom also auch die Richtung fest, in die das Level-Design gehen soll?

Hori:

Das ist zwar nicht immer so, aber bei diesem Spiel war ich schon dafür verantwortlich. Ich habe Entscheidungen getroffen wie: "Okay, das Spiel läuft also auf diese Art ab, dann müssen wir das Design so darauf abstimmen.”

Iwata:

Sie entwickeln das Design also der Funktion entsprechend, ganz ähnlich, wie wir das auch bei Nintendo immer versuchen.

Iwata Asks
Kawata:

Mr. Hori hat fast schon die Rolle eines zusätzlichen Planers übernommen. Er hat nicht nur die Grafik entworfen, sondern auch viele Spielelemente vorgeschlagen.

Hori:

Während ich plangemäß an dem Spiel gearbeitet habe, traf ich eben auch Entscheidungen über das Design.

Kawata:

So konnten wir das Konzept für "Revelations" umsetzen und dabei die Funktionen des Nintendo 3DS-Systems voll ausnutzen, ohne uns je von der Horror-Richtung zu entfernen, für die wir uns entschieden hatten. Ich denke, deshalb konnten wir das Spiel in so außergewöhnlich kurzer Zeit fertigstellen.

Iwata:

Wenn ich mir den Umfang und die Qualität des fertigen Produkts ansehe, habe ich den Eindruck, dass die Entwicklung sehr fokussiert vor sich ging.

Nakanishi:

Ich denke, dass meine Erfahrungen durch die Arbeit an "Resident Evil 5" (RE5) auch ein Vorteil für mich waren. Zu RE5 haben wir viele Rückmeldungen von den Fans erhalten, dass sie mehr Horror wollten. Deshalb haben wir diesmal, ohne zu zögern, alles integriert, was wir bei RE5 nicht mehr umsetzen konnten.

Kawata:

Wir haben auch mit vielen ausländischen Medien-Vertretern gesprochen, die gesagt haben: "'Revelations' ist also ein Horror-Spiel? Das ist ja großartig!" Ich denke, dass unser Spiel genau diese Fans ansprechen wird.

Iwata:

Es hat einfach mehr Persönlichkeit.

Kawata:

Ja. Wenn Mr. Nakanishi in Fahrt ist, arbeitet er sehr schnell. Die große Menge an Arbeit, um die er sich gekümmert hat, war ein weiterer wichtiger Faktor. Dafür habe ich ihn bisher aber noch nie persönlich gelobt. (lacht)