2. Eindeutig geteilte Meinungen

Iwata:

"Wii Music" ist seit über einem Monat auf dem Markt. Was für ein Gefühl haben Sie dabei, Miyamoto-san?

Miyamoto:

Wir haben "Wii Fit" entwickelt, weil es mir Spaß gemacht hat, mein Gewicht genau zu kontrollieren, aber es war mir noch nie möglich, meine Liebe für Musik, die ich seit meiner Kindheit in mir trage, in ein Spiel zu packen. Mit "Wii Music" hat mir das Team aber diesen Traum erfüllt, und zwar fast exakt so wie ich es mir vorgestellt habe! Bis jetzt habe ich die Spiele, an denen wir gearbeitet haben, kaum gespielt, nachdem sie auf den Markt gebracht wurden.

Iwata:

Weil sie schon über den nächsten Titel nachdenken müssen.

Miyamoto:

Diesmal ist es aber so, dass ich nach Hause eile, um an diesem oder jenem Aspekt eines Liedes zu arbeiten. Wenn ich mal eine Weile nicht zum Spielen komme, kann ich es kaum erwarten, bis ich wieder loslegen kann. Ich kann das Spiel stundenlang spielen. Es ist beängstigend. (lacht) Ich glaube, ein gutes Spiel besteht dann den Test, wenn man es kaum weglegen kann. Was meinen Sie, Iwata-san?

Iwata:

Vom Standpunkt eines Spielers gesehen würde ich sagen, das Spiel ist ein wahrer Zeitfresser! (lacht)

Miyamoto:

Das meinen Sie jetzt hoffentlich positiv? (lacht)

Iwata:

Es ist fast schon beängstigend! Ich setze mich hin und will nur ein bisschen spielen, und plötzlich sind zwei Stunden vergangen! Ich weiß nicht genau, wie es dieser Zeitfresser schafft, mich immer wieder hereinzulegen, aber wenn ich ein Lied spiele, das mir natürlich von der Hand geht und wenn dann das Endergebnis meine Erwartungen sogar ein wenig übersteigt, habe ich das Gefühl, dass ich großzügig belohnt wurde. Das ist das Gefühl, das "Wii Music" in mir weckt, aber es scheint, es wird von den Spielern unterschiedlich empfangen. Es gibt einen eindeutigen Meinungsunterschied zwischen denjenigen, die es lieben, und denen, die es nicht ganz verstehen. Nintendo hat in den letzten Jahren viele Produkte auf den Markt gebracht, die in dieser Form noch nie existiert haben, also haben wir unterschiedliche Meinungen erwartet. Nur nicht in diesem Ausmaß.

Iwata Asks
Miyamoto:

Da stimme ich Ihnen zu.

Iwata:

Es scheint, die Leute sehen die Werbung im Fernsehen und denken, das Spiel macht sicher Spaß, wenn man es in einer Gruppe spielt. Da sie aber nicht so viele Leute zusammenbekommen, lassen sie die Finger davon. Dabei kann man in das Spiel sogar viel besser eintauchen, wenn man es alleine spielt.

Miyamoto:

Das stimmt. Sobald man es selbst ausprobiert hat, macht das Spielen in der Gruppe viel mehr Spaß.

Kondo:

Ich kenne jemanden, der die Werbung gesehen hat, und gemeint hat, es sieht nicht aus, als ob man dabei Spaß haben könnte.

Iwata:

Wen denn?

Kondo:

Meinen Sohn.

Alle:

(lachen)

Iwata:

Das verletzt sicherlich Ihre Gefühle. (lacht)

Totaka:

Sein eigener Vater hat schließlich das Spiel gemacht! (lacht)

Iwata:

In welche Klasse geht Ihr Sohn?

Kondo:

Er ist im zweiten Jahr der Hauptschule. Er hat kein Wort darüber verloren, dass er es wollte, aber ich habe es trotzdem gekauft. Als ich ihm vorgeschlagen habe, dass er es mal versucht, hat er einfach wiederholt auf den A-Knopf gedrückt, um den gesamten Einführungstext von Sebastian Tutori zu überspringen!

Iwata Asks
Iwata:

Wir können nichts tun, wenn jemand einfach nur den A-Knopf drückt, obwohl Tutori doch alles schön erklärt! (lacht)

Totaka:

Da haben Sie wohl recht. (lacht)

Kondo:

Mein Sohn spielt schon seit Jahren eine elektrische Orgel, also kann er auch Noten lesen. Als er angefangen hat, das Spiel zu spielen, hat er gleich die Partitur eingeblendet. Dann hat er ein Lied durchgespielt und mit einem Seufzer gesagt: "Das ist doch einfach." Das war's dann für ihn.

Totaka:

Das ist schade. Es macht mehr Spaß, wenn man die Partitur ausblendet.

Kondo:

Ich weiß! (lacht)

Miyamoto:

Unter denjenigen, die "Wii Music" nicht so sehr schätzen, gibt es eine Gruppe von Leuten, die, wie Kondo-sans Sohn, Musik kennen, das Spiel auf klassische Weise spielen und sagen, es sei nicht unterhaltsam, weil es zu einfach sei. Dann wiederum gibt es eine andere Gruppe von Leuten, denen bewusst ist, dass sie es auf jede beliebige Art spielen können und sagen, sie seien nicht daran interessiert.

Iwata:

Es gibt aber auch eine andere Gruppe von Personen, die sich genug mit Musik auskennen, die aber unangenehme Gefühle empfinden, wenn sie eine Note hören, die sie nicht erwarten.

Miyamoto:

Als Gitarrenspieler fühle ich manchmal genauso, aber ich glaube, man kann enorm davon profitieren, wenn man sich davon löst.

Iwata:

Das glaube ich auch. In manchen Momenten will ich etwas Bestimmtes spielen, aber es kommt etwas anderes dabei heraus... Aber es macht so viel Spaß, im Verhältnis zu der Zeit, die ich darin investiere, so dass ich einfach nie genug davon bekomme.

Miyamoto:

Deshalb glaube ich: Wenn man es eine Weile lang spielt, findet man heraus, dass die Möglichkeiten unbegrenzt sind.

Iwata:

Die Möglichkeiten sind endlos, aber wir sollten den Spielern mehr Beispiele für eben diese Möglichkeiten aufzeigen. Ich fürchte, in dieser Hinsicht haben wir keine gute Arbeit geleistet. Seit so langer Zeit werden Spiele entwickelt, die man auf die "richtige" Art und Weise spielt. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass Spieler alles versuchen, um das richtige Ziel zu erreichen. Wir können sagen: "Sie können tun, was Sie wollen, und sich von Ihrer Kreativität leiten lassen.", aber es gibt jede Menge Personen da draußen, die nicht wissen, was sie in diesem Spiel tun sollen.

Iwata Asks
Miyamoto:

"Wii Music" ist eine Art Werkzeug, das man auf eine gewisse Weise einsetzt, um etwas zu schaffen. Selbst Personen, die noch nie ein Musikinstrument gespielt haben, können durch simples Herumprobieren damit den großen Wunsch verspüren, etwas mit den virtuellen Instrumenten zu schaffen.

Iwata:

Ich glaube daher, dass es eine gute Idee ist, mehr Beispiele aufzuzeigen, was man mit diesem Werkzeug alles herstellen kann. Wir haben den kompletten Unterhaltungswert des Spiels noch nicht ganz vermittelt.

Miyamoto:

Hm, da könnten Sie recht haben. Vielleicht können wir das Interesse von Kondo-sans Sohn zurückgewinnen.

Iwata:

Ich habe auch das Gefühl, dass Spieler, die das Spiel genießen, sich schwer damit tun, richtig zu erklären, was ihnen daran gefallen hat.

Miyamoto:

Stimmt. Wenn ich doch nur die richtigen Worte fände! Das ist wohl auch der Grund, warum ich wohl keinen guten Prediger abgeben würde. (lacht)

Kondo:

Vielen Leuten ergeht es wohl wie meinem Sohn: Sie denken vielleicht, das Spiel sei nichts für sie und die beste Art es zu spielen, ist der Partitur zu folgen.

Miyamoto:

Man kann die voreingestellten Noten jederzeit sehen, aber es ist nicht besonders lohnend, wenn man sie einfach nur kopiert. Es macht viel mehr Spaß, sich von diesen Vorlagen zu entfernen.

Iwata:

Hat jemand mal versucht, ein Video zu drehen, bei dem soweit vom Original entfernt gespielt wird, wie es nur möglich ist?

Kondo:

Hat jemand?

Totaka:

Ja, (Takashi) Tezuka-san, jede Wette.

Iwata:

Jemand, der uns so nah steht! Ich würde gerne erfahren, was dabei herausgekommen ist. Nutzen wir seine Abwesenheit als Gelegenheit, darüber zu reden! (lacht)