5. Neue Begegnungen mit der Musik

Iwata:

Es hat vorher noch nie so ein Spiel gegeben, deshalb glaube ich nicht, dass die Spieler schon wissen, was es ausmacht. Wenn jemand fragen würde: 'Was für ein Spiel ist "Wii Music" so?', wie würden Sie das mit wenigen Worten beschreiben? Totaka-San?

Totaka:

Eguchi-San hat eine Formulierung benutzt, die ich sehr passend fand. Er nannte es 'musikalischen Ton'.

Iwata:

Ich verstehe. Wie Ton, den man formen kann. Nur als Musik.

Totaka:

Genau. Ich finde, das beschreibt es perfekt, und irgendwie gefällt mir diese Formulierung. Jeder kann Ton formen. Es kann Spaß machen, einen einfachen Schneemann zu formen, aber wenn man geschickter mit den Händen ist, kann man auch etwas Künstlerisches schaffen. Der Ton bleibt aber immer Ton. "Wii Music" ist ähnlich flexibel.

Iwata:

Ja, ich finde, dass es sehr vielseitig ist.

Totaka:

Das stimmt. Wenn ich in "Wii Music" die Eigenbewertung einstelle, dann bekomme ich keine Punktzahl vom Spiel angegeben; ich bewerte mich selber.

Iwata:

Sie können sich selber die volle Punktzahl geben, oder sich etwas strenger benoten.

Totaka:

Richtig. Ich finde, das reicht. Es ist nicht viel anders, als wenn ich ein richtiges Musikinstrument spiele. Das Spiel ist vielseitig, aber solche Elemente ermutigen die Spieler, sich ganz unkompliziert mit der Musik zu beschäftigen.

Iwata Asks
Iwata:

Stimmt, man kriegt auch keine Punkte, wenn man in der Realität ein Stück gespielt hat. Man hat das Gefühl, etwas erreicht zu haben, und andere bewerten einen vielleicht, aber man kriegt nicht einfach nur eine Punktezahl.

Totaka:

Das sehe ich auch so. Und ich finde auch nicht, dass einem damit etwas vorgemacht wird, deshalb habe ich auch das Gefühl, dass ich "Wii Music" meinen musikalischen Freunden zeigen kann und dass es seinem Namen auch gerecht wird.

Iwata:

Was denken Sie, Morii-San?

Morii:

Wenn ich "Wii Music" mit ein paar Worten beschreiben sollte, würde ich es als Malbuch beschreiben. Der Rahmen ist vorgegeben, aber jeder kann selber entscheiden, wie man ihn ausfüllen will.

Iwata:

Hmm. Wada-San?

Wada:

Mir fällt auch eine Formulierung ein, aber die ist vielleicht nicht so poetisch wie der Ausdruck 'musikalischer Ton'.

Iwata:

'Musikalischer Ton' beschreibt es besser? (lacht)

Wada:

Ja.

Iwata:

Also, warum versuchen Sie es nicht trotzdem mal?

Wada:

Ich finde, es ist wie Musik-Bausteine. Sie wissen schon, wie Bauklötze: Man kann intuitiv damit umgehen und alles Mögliche damit formen. Sie sind so ähnlich wie Ton, aber die Bausteine selber können ihre Form nicht ändern.

Iwata:

Ton ist aber besser. (lacht)

Wada:

Ja, 'musikalischer Ton' ist viel besser. Können wir das so umstellen, dass meine Antwort zuerst kommt?

Iwata:

Nein, ich glaube, wir lassen alles so, wie es ist.

Wada:

Na ja...

Iwata:

Jetzt haben wir ganz gut beschrieben, was "Wii Music" ist. Aber mich beschäftigt noch, dass alle glauben, dass es ein Party-Spiel ist, das man immer mit seinen Freunden spielt. Ich glaube, wir haben noch nicht gut dargestellt, wie viel Spaß man damit auch alleine haben kann.

Wada:

Ich denke, da haben Sie Recht.

Morii:

Es ist auch hauptsächlich für Einzelspieler gedacht.

Iwata Asks
Iwata:

Oh, sehen Sie das wirklich so?

Wada:

Wenn man mit jemandem zusammen spielt, hat man dieses Gefühl einer Live-Vorstellung. Aber die Musik - um es noch einmal mit dem Bild des Tons zu beschreiben, das wir eben erwähnt haben - bleibt relativ ungeformt, wie etwas, das man ganz spontan gemacht hat.

Iwata:

Das kann Spaß machen, aber geht nicht so sehr in die Tiefe.

Wada:

Richtig. Wenn man ein Lied nach der eigenen inneren Vorstellung gestalten möchte, dann muss man dafür etwas Zeit investieren, dann hat man aber auch einen Riesenspaß daran.

Iwata:

Man versucht immer und immer wieder sein Bestes und wenn es dann so klappt, wie man es wollte, hat man das Gefühl, dass man etwas erreicht hat. Das ist ein gutes Gefühl.

Wada:

Ja, so ist es.

Morii:

Es ist, als ob einen das Spiel an einen Ort bringt, an dem man sich wohl fühlt. Beim Spielen werden bestimmte Töne automatisch ausgewählt. Also, wenn man die Teile zusammensetzt, denkt man: 'Oh! Mir gefällt, was daraus geworden ist!', selbst wenn man beim Spielen etwas daneben gelegen hat.

Iwata:

Wada-San und Totaka-San, glauben Sie, dass die Teile der fertigen Lieder, die Morii-San dieses Gefühl gegeben haben, ganz speziell für ihn waren, weil diese Töne durch Zufall und seine eigene Art zu spielen entstanden sind?

Totaka:

Das ist richtig.

Morii:

Ich schaffe das auch nur durch Zufall! (lacht)

Iwata:

Totaka-San, könnten Sie dieselbe Darbietung wiederholen, die Morii-San zufällig kreiert hat?

Totaka:

Nein, das kann ich nicht. Einer unserer Mitarbeiter macht nur ungewöhnliche Aufnahmen. Seine Darbietungen halten sich nie an die Grundform der Lieder, aber trotzdem hören sie sich immer gut an. Also hab ich mich entschlossen, dasselbe auch zu versuchen. Als ich gezielt versucht habe, diese Arrangements zu erstellen, indem ich an Musik gedacht habe, die komplett vom Original abweicht, hat es sich überhaupt nicht gut angehört. Es hat sich nicht gut angehört, sondern eher künstlich.

Iwata:

Sie konnten ihn nicht richtig nachahmen. (lacht)

Totaka:

Es hörte sich nicht so an, als ob ich auf natürliche Art von der Originalmelodie abgewichen wäre. Eigentlich bin ich relativ selbstsicher, wenn es um Musik geht, aber mir ist klar geworden, dass es bestimmte Musikarten gibt, mit denen ich nicht klarkomme! (lacht)

Iwata:

Das ist eine amüsante Geschichte. Sie sagt auch etwas über "Wii Music" aus, denke ich.

Totaka:

Ja, so ist es wohl.

Iwata:

Zuletzt möchte ich Sie alle bitten, den Leuten etwas zu sagen, die schon ungeduldig auf die Veröffentlichung warten. Fangen wir dieses Mal bei Ihnen an, Wada-San. (lacht)

Wada:

Okay, äh, es ist auch nicht einfach, der Erste zu sein. (alle lachen) Mal sehen... Wir haben das Spiel mit jemandem getestet, der keine Ahnung von Musik hat (zeigt auf Morii) und sogar er hat Spaß gehabt (lacht), deshalb hoffe ich, dass "Wii Music" allen eine Chance gibt, Spaß am Umgang mit der Musik zu haben.

Iwata Asks
Iwata:

Morii-San?

Morii:

Ich möchte die letzte Frage gerne als Designer beantworten (lacht), also... ich möchte jeden bitten, auf die ganze Arbeit zu achten, die wir in alle Elemente des Spiels gesteckt haben, zum Beispiel die Mii-Bewegungen, die Umgebungen und die Kamerawinkel während der Darbietungen. Es ist hauptsächlich ein Musikspiel, aber wir haben uns bei diesen Sachen wirklich sehr viel Mühe gegeben.

Iwata Asks
Iwata:

Okay, Totaka-San? Haben Sie noch einen letzten Kommentar zu Ihrer ersten Arbeit als Director?

Totaka:

Stimmt, das ist meine Premiere als Director! (lacht) Hmm...ich habe immer gehofft, dass dieses Spiel als Startpunkt für neue Begegnungen mit der Musik dienen würde. Ich glaube, dass es Gemeinsamkeiten zwischen dem Spaß an diesem Spiel und der Freude gibt, die ich beim Spielen eines echten Instruments habe, deshalb übertreibe ich nicht, wenn ich sage, dass "Wii Music" die Leute dazu inspirieren kann, ein Instrument lernen zu wollen. Ich hoffe wirklich, dass Leute, die mit der Musik aufgehört haben, oder glauben, dass sie kein Talent zum Musizieren haben, dieses Spiel einmal ausprobieren.Wissen Sie noch, wie man als Kind einfach ganz zwanglos mit Instrumenten gespielt hat? Ich hoffe, dass das Spiel diesen Drang wieder in Ihnen weckt.

Iwata Asks
Iwata:

Das finde ich gut. Wenn man jemanden sieht, der ein Instrument gut spielt, das man selber nicht beherrscht, fühlt man sich neidisch und denkt: 'Mann, das muss ja echt ein tolles Gefühl sein...' Mit diesem Spiel kann man dieses Gefühl zum Teil selbst erleben.Selbst wenn man ein Instrument relativ gut beherrscht, hat man trotzdem nicht endlos Zeit; deshalb ist es schwierig, viele Instrumente gut spielen zu können. Aber in diesem Spiel erlebt man, wie es ist, dutzende Musikinstrumente spielen zu können, so dass man selbst mit wenig Anstrengung extrem viel zurückbekommt. Ich finde, das ist das Beste am Spiel.

Totaka:

Stimmt.

Iwata:

Ich hoffe, dass "Wii Music" bei allen Musik in das Leben bringt.

Totaka:

Das hoffe ich auch.

Morii:

Kann ich noch etwas sagen? Ich habe total vergessen, es vorher zu erwähnen, aber dieses Spiel hat auch einen Schlagzeug-Modus. Man kann ernsthaften Schlagzeug-Unterricht (*) nehmen, indem man auf dem Wii Balance Board die Arme und Beine einsetzt.

Iwata:

Oh, das stimmt.

Morii:

Ich habe die Unterrichts-Einheiten zusammen mit einigen Mitarbeitern nacheinander gespielt, und da kaum jemand Erfahrungen mit dem Schlagzeug hatte, ist es uns allen erst nicht leicht gefallen.

Iwata:

Weil jeder Körperteil einen eigenen Rhythmus halten muss.

Morii:

Genau. Das ist wirklich schwierig! Die meisten von uns waren sicher, dass sie es nie schaffen würden, aber mit der Zeit sind alle besser geworden. Am Ende haben fast alle den gesamten Unterricht absolviert!

Iwata:

Hm? Sie meinen, dass alle den Unterricht gemeistert haben, obwohl vorher niemand Übung mit dem Schlagzeug oder die nötige Koordination hatte?

Morii:

Das stimmt.

Iwata:

Ich bin beeindruckt.

Totaka:

Ja, aber es geht noch weiter.

Iwata:

Hm?

Totaka:

Danach habe ich mich gefragt, ob jetzt auch alle ein echtes Schlagzeug spielen könnten, deshalb wollte ich ins Firmen-Aufnahmestudio im Keller unseres Bürogebäudes gehen und ein echtes Schlagzeug ausprobieren.

Iwata:

Ach was! Wie ist es gelaufen?

Totaka:

Ich habe ein Video davon gemacht. Ich ließ jeden Rhythmen im Vierteltakt, Achteltakt und Sechzehnteltakt ausprobieren, und sie konnten es alle - auf einem echten Schlagzeug!

Iwata:

Wirklich? (lacht)

Morii:

Es hört sich zu gut an, um wahr zu sein, aber so ist es.

Totaka:

Sie haben die Arme genau richtig verschränkt und sich richtig positioniert. Das ist eigentlich unglaublich für totale Anfänger!

Iwata:

Faszinierend. Vielleicht ist "Wii Music" ja schon zu gut! (lacht)

Totaka:

Es wird auf jeden Fall viel mehr Schlagzeuger auf der Welt geben.

Iwata:

Hmm...für mehr Schlagzeuger sorgen? Könnte das Nintendos eigentlicher Plan sein? (alle lachen)