1. Die Herausforderung eines Drahtlos-Systems

Iwata:

Heute drehen sich meine Fragen um den Wii U GamePad-Controller. Wenn man das fertige Produkt in den Händen hält, scheint es ganz natürlich, dass alles reibungslos funktioniert, aber um das zu erreichen, mussten viele Leute sehr lange experimentieren und ausprobieren. Vielen Dank Ihnen allen, dass Sie heute hier sind.

Iwata Asks
Alle:

Wir freuen uns hier zu sein.

Iwata:

Okay, stellen Sie sich doch alle bitte einmal vor und erzählen Sie uns, woran Sie gearbeitet haben.

Yamashita:

Ich bin Mr. Yamashita aus der Integrated Research & Development Division. Ich war verantwortlich dafür, die ganze Software-Seite zusammenzuführen. Zusammen mit Mr. Iwamoto habe ich an der Firmware1 gearbeitet, mit der das Wii U GamePad läuft, und an der Software, die die Verbindung zur Wii U-Konsole herstellt. 1 Software in einem Hardware-Gerät, die die grundlegenden Funktionen der Hardware steuert.

Iwata Asks
Iwata:

Das Wii U GamePad verarbeitet die Spielsoftware ja nicht direkt. Es werden Signale von den verschiedenen Eingabegeräten an die Wii U-Konsole geschickt, wo die Verarbeitung stattfindet. Das Wii U GamePad zeigt dann die Darstellungen an, die von der Wii U-Konsole zurückgeschickt werden. Das Wii U GamePad kann aber nicht nur drahtlos Daten mit der Wii U-Konsole austauschen, sondern auch selber Funktionen ausführen, wie z. B. die Nutzung der TV-Fernbedienungsoption. Sie waren verantwortlich für die Koordination der Entwicklung dieses grundlegenden Systems.

Yamashita:

Ja, das ist richtig.

Ito:

Ich bin Mr. Ito, auch aus der Integrated Research & Development Division. Ich war verantwortlich für das allgemeine Systemdesign der Hardware. Ich habe die IC2-Spezifikationen festgelegt und Entscheidungen darüber getroffen, wie Grafik und Sound zwischen dem Wii U GamePad und der Wii U-Konsole ohne wahrnehmbare Verzögerung gesendet und empfangen werden können. In der Vergangenheit habe ich schon am Design von Geräten wie der Wii-Fernbedienung und dem Wii MotionPlus3-Zubehör gearbeitet. 2 Ein elektronischer Schaltkreis mit verschiedenen Funktionen, der auf der Schaltplatine untergebracht ist.3 Ein Zubehör mit Bewegungssensor, das an die Wii-Fernbedienung angeschlossen wird. Mittlerweile ist auch die Wii-Fernbedienung Plus erhältlich, in der die Funktionalität des Wii MotionPlus integriert ist. Die Wii-Fernbedienung, die mit der Wii-Konsole ausgeliefert wird, wurde auch bereits durch die Iwata fragt: Wii MotionPlus.

Iwata Asks
Mae:

Ich bin Mr. Mae aus der Integrated Research & Development Division. Ich habe an der drahtlosen Übertragungstechnik des Wii U GamePads und der Wii U-Konsole gearbeitet. Weil das Wii U GamePad ja ein Controller ist, war es extrem wichtig, dass es keine wahrnehmbare Verzögerung bei den Grafik- und Sound-Daten gibt, und genau an diesem System habe ich gearbeitet.

Iwata Asks
Ibuki:

Ich bin Mr. Ibuki aus der Integrated Research & Development Division. Ich habe am Industriedesign des Wii U GamePads gearbeitet. Diesmal hat die gesamte Industriedesign-Gruppe zusammen an der Fertigstellung des Designs gearbeitet. Als einer der Team-Leiter war ich auch insgesamt an der Entwicklung der Wii U-Hardware beteiligt.

Iwata Asks
Iwata:

Dank der Verbreitung von 3D-Druckern4 können wir jetzt CAD5 benutzen, um dreidimensionale Objekte zu entwerfen und in wenigen Stunden zu erstellen, aber wenn es um das Design geht, hat jeder eine eigene Meinung dazu. Da sagt häufig jemand beiläufig: „Machen Sie das doch mal schnell, ja?" Und was sich in den Händen genau richtig anfühlt, ist auch bei jeder Person anders. Ich kann mir also vorstellen, dass das alles ziemlich schwierig gewesen ist. 4 Ein Gerät zur 3D-Modellierung, das dreidimensionale Objekte erstellen kann, die genau den Körpern entsprechen, die man mit 3D-CAD entworfen hat. Dreidimensionale CAD-Technologie wird benutzt, um einfach nachvollziehbare visuelle Repräsentationen von komplizierten Formen und Krümmungen anzufertigen, indem man die einzelnen Elemente der Objekte dreidimensional zeichnet.5 Bei diesem System werden Computer verwendet, um Objekte wie Maschinen, Gebäude und elektronische Schaltkreise zu entwerfen.

Ibuki:

Ich habe derartige Unmengen von Entwürfen angefertigt, dass ich mich nicht mal an die genaue Anzahl erinnern kann! (lacht) Diesmal haben wir kein Design verwendet, das ein 3D-Drucker für uns erzeugt hat, sondern es wurde ein Design abgenommen, an dem alle Team-Mitglieder, mich eingeschlossen, von Hand herumgeschnitzt haben, um in der Firmenwerkstatt Feinabstimmungen an den 3D-gedruckten Objekten vorzunehmen.

Iwata:

Wirklich? Sie haben diese Modelle von Hand geschnitzt?!

Ibuki:

Ja, haben wir! (lacht) Wir haben die Objekte aus dem 3D-Drucker von Hand nachgeschnitzt und dann noch abgeschliffen. Die meisten Controller-Entwürfe, die in der Vergangenheit abgenommen worden sind, wurden von Hand feinabgestimmt. Man kann viel schneller Dinge ausprobieren, wenn man es von Hand macht, deshalb ist das die beste Möglichkeit, wenn es an die Feinabstimmung der Designs geht.

Iwata:

Wow.

Ibuki:

Neben der Verwendung des 3D-Druckers kommen beim Design auch noch verschiedene andere Techniken zum Einsatz. Man muss nicht nur schnitzen können, sondern auch formen und modellieren, und - abhängig von der Situation - verwenden wir oft Ton, um Objekte zu modellieren. Wenn wir einen Entwurf zur Prüfung abgeben, fertigen wir davon eben eine saubere Version mit dem 3D-Drucker an und machen die Feinabstimmung und Detailarbeit per Hand.

Iwata:

Wenn ich so etwas höre, fällt es mir immer schwerer, die Mitglieder Ihres Teams mal eben schnell um etwas zu bitten! (lacht) Aber wahrscheinlich werde ich das trotzdem auch weiterhin machen.

Ibuki:

Ja, wir stecken viel Zeit und Mühe in jedes einzelne Objekt.

Iwamoto:

Ich bin Mr. Iwamoto von NTD6. Ich habe an der Fertigstellung der Software gearbeitet, die zur Steuerung des Wii U GamePads verwendet wird. Ich war verantwortlich für die Entscheidung, welche Funktionen das Wii U GamePad haben soll, aber auch für das SDK7 und die Entwicklungsumgebung. 6 Eine technologische Forschungs- und Entwicklungsgruppe, die von Howard Cheng angeführt wird und im Bundesstaat Washington arbeitet.7 Ein Set von Entwickler-Tools, die notwendig sind, um Anwendungen für Spielkonsolen und andere Geräte zu erstellen.

Iwata Asks
Iwata:

Bei der Arbeit daran mussten Sie ja die Zeitdifferenz zwischen NTD in Amerika und Kyoto in Japan bewältigen. Welche Vorteile und Herausforderungen ergeben sich daraus, über so eine weite Entfernung zusammenzuarbeiten?

Iwamoto:

Die Zeitdifferenz ist eine Herausforderung, und die Mitglieder von NTD sind größtenteils keine Japaner, deshalb gab es auch eine Sprachbarriere, die viele Meetings etwas umständlich gemacht hat.

Iwata:

Um diese Probleme zu lösen, hatten Sie tägliche Telefonkonferenzen und die Team-Mitglieder sind hin und her geflogen.

Iwamoto:

Ja, wenn es in Amerika Abend ist, ist es hier Morgen, deshalb musste ich einen ungewöhnlichen Lebensstil annehmen und z. B. nach dem Abendessen Telefonkonferenzen abhalten! (lacht)

Yamashita:

Die Telefonkonferenzen gingen jedes Mal bis fünf Uhr abends hier in Japan, aber in Amerika war es dann schon ein Uhr morgens. Mr. Iwamoto musste also unangenehmerweise bis spät in die Nacht arbeiten.

Iwamoto:

Ein positiver Aspekt war natürlich, dass in Amerika sehr viele talentierte Leute zusammengekommen sind. Es war ein großer Vorteil, so herausragende Mitarbeiter zur Verfügung zu haben, die sich in allen Bereichen auskennen.

Iwata:

Ich habe den Eindruck, dass es in Amerika in jedem Bereich sehr spezialisierte und professionelle Mitarbeiter gibt.

Mae:

Ja. Vor allem bei der Drahtloskommunikation hat David Tran8 oft die Kohlen für mich aus dem Feuer geholt. 8 Engineering Manager, Nintendo Technology Development Inc. Er war verantwortlich für die Entwicklung der verschiedenen Eingabe-/Ausgabe-Interface-Funktionen der Wii U-Konsole. Beim Wii U GamePad konnte er auf seine Erfahrungen als Entwickler drahtloser WANs (Wide Area Networks) zurückgreifen, und hat so eine wichtige Rolle bei der Realisierung der Drahtlosfunktionen des Geräts gespielt.

Iwamoto:

Drahtlose Systeme sind kompliziert und finden im Verborgenen statt, das ist also noch schwieriger als bei normaler Software.

Iwata:

Gewöhnliche Software ohne Kommunikationsfunktionen wird nicht von der Umgebung beeinflusst, und man kann die Daten unter der Annahme anlegen, dass sie immer korrekt eingelesen werden. Man kann die tatsächliche drahtlose Datenübertragung nicht sehen, und überall gibt es andere Umgebungsbedingungen. Die Software muss auch dann noch gut funktionieren, wenn ein gewisser Teil der Daten gestört oder verfälscht wird. Diese Eigenschaften muss gewöhnliche Software nicht haben.

Iwata Asks
Mae:

Ja. Ein weiterer großer Unterschied gegenüber z. B. Landschaftsfotos, die übertragen werden sollen, ist die Tatsache, dass in Videospielbildern ständig große dynamische Veränderungen stattfinden, und die drahtlose Kommunikation ist ja auch in jeder Umgebung anders. Es war wirklich eine große Herausforderung, diese zwei Variablen gleichzeitig miteinzubeziehen.

Iwata:

Als wir noch nicht mal den Namen "Wii U GamePad" hatten und Sie zum ersten Mal gehört haben, dass wir in einem drahtlos verbundenen Controller einen Bildschirm unterbringen wollen, der auch Spielgrafik und so weiter darstellen soll, was dachten Sie da, welcher Faktor die größte Herausforderung sein würde?

Yamashita:

Das Drahtlossystem. Außerdem sollten die Daten ja in Echtzeit komprimiert und übertragen werden. Diese zwei Faktoren schienen mir am kritischsten.

Mae:

Ich habe mir auch noch Gedanken über Latenzzeiten9 gemacht. 9 Die Zeit, die benötigt wird, um Daten zu empfangen. Damit ist die Verzögerung gemeint, die entsteht, wenn Daten aus dem Speicher abgerufen und dann über ein Netzwerk empfangen werden.

Iwata:

Bei herkömmlichen drahtlosen Videoübertragungsmethoden ist es okay, wenn eine geringe Latenz auftritt, so lange die Daten nicht zwischendrin "stecken bleiben". Deshalb lädt das System bei herkömmlicher Videowiedergabe eine gewisse Datenmenge vor, bevor das Video abgespielt wird, damit es auch dann flüssig läuft, wenn die Daten nicht gleichmäßig und beständig übertragen werden. Beim Wii U GamePad muss Mario aber genau in dem Moment springen, wenn man auf den Knopf drückt; es wäre also fatal, wenn es dabei Latenz gäbe. Sie mussten also eine Herausforderung in Angriff nehmen, die noch nie jemand bewältigt hatte.