1. ''Ich will in Kyoto arbeiten!''

Iwata:

Vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit genommen haben.

Alle:

Ist uns ein Vergnügen.

Iwata:

Heute habe ich die Entwickler versammelt, die an „Star Fox 64 3D“ beteiligt waren. Mr. Cuthbert, würden Sie sich kurz einmal vorstellen?

Cuthbert:

Natürlich. Ich bin Dylan Cuthbert von Q-Games.1 Ich habe vor zehn Jahren ein Unternehmen in Kyoto gegründet und jetzt bei „Star Fox 64 3D“ als Direktor fungiert. Zuvor hatte ich bereits „Star Fox Command“ 2 gemacht. 1. Q-Games, Ltd.: Ein Unternehmen zur Entwicklung von Videospielen, das 2001 von Dylan Cuthbert und einigen Kollegen gegründet wurde. Der Hauptsitz ist in Kyoto. Das Unternehmen hat „Star Fox Command“ für das Nintendo DS-System sowie Nintendo DSiWare wie „Digidrive“, „Trajectile“, „Starship Defence“ and „X-Scape“ entwickelt. (Anm. d. Red.: In Europa erschienen diese Titel als „Art Style: Intersect“, „Reflect Missile“, „Starship Patrol“ und „3D Space Tank“.) 2. Star Fox Command: Ein Strategie- und 3D-Schießspiel, das im August 2006 in Japan für das Nintendo DS-System erschien.(Anm. d. Red: Dylan Cuthbert sprach bei diesem Interview Japanisch; seine Bemerkungen wurden von Nintendo ins Englische und schließlich ins Deutsche übersetzt.)

Iwata Asks
Iwata:

Vor Jahren waren Sie auch an der Entwicklung des Originalspiels „Star Fox“3 für das Super Famicom beteiligt. 3. Star Fox: Ein Schießspiel, das 1993 für das Super Famicom-System erschien. Es war das erste Spiel der Star-Fox-Serie .

Cuthbert:

Genau. Einige Zeit davor, vor etwa 20 Jahren, kam ich aus England zum ersten Mal nach Japan.

Miyamoto:

Das war 1990. Sie kamen als Unterstützung für die Programmierer, die an „Star Fox“ arbeiteten.

Cuthbert:

Genau.

Iwata:

Wie alt waren Sie damals?

Cuthbert:

18. Ich weiß noch, wie ich Mr. Miyamoto fragte, wie alt er sei. Und ehe man es sich versieht, bin ich so alt wie er damals!

Miyamoto:

Dann sind Sie ja noch jung. (lacht)

Iwata:

Sie haben noch so einiges vor sich.

Cuthbert:

Allerdings. (lacht) Als ich zum ersten Mal nach Kyoto kam, war ich nur etwa eine Woche lang hier. Aber es war sehr interessant.

Iwata:

Was für eine Aufgabe hatten Sie in dieser Woche?

Cuthbert:

Es ging um ein 3D-Spiel für das Game Boy-System.

Iwata:

Ach, Sie meinen X .44. X: Ein 3D-Action-Schießspiel, das in Japan im Mai 1992 für das Game Boy-System auf den Markt kam. In Europa ist es nie erschienen.

Cuthbert:

Genau. Ich war für die Erstellung von „X“ verantwortlich. Ich arbeitete damals für ein Unternehmen namens Argonaut Software5 und sollte Nintendo eine 3D-Engine vorstellen, in die ich sehr viel Arbeit gesteckt hatte. Als wir im Besprechungsraum waren, marschierten etwa 30 Leute in Nintendo-Jacken (Uniformen) herein. Ich hatte ganz schön Muffensausen! (lacht) 5. Argonaut Software Ltd.: Ein britischer Videospielentwickler, der eine 3D-Engine entwickelt hat. Firmiert heute unter dem Namen Argonaut Games PLC.

Alle:

(lachen)

Iwata:

Alle waren unwahrscheinlich interessiert an Ihrer Engine.

Cuthbert:

Ja, aber ich war wahnsinnig nervös.

Iwata:

Sie waren nur zu zweit, aber da waren 30 von uns – da standen Sie sicher ganz schön unter Druck. Sie waren erst 18 und noch dazu in einem fremden Land, da ist es wohl nicht verwunderlich, dass Ihnen ein wenig mulmig zumute war. (lacht)

Cuthbert:

Aber ich bekam einen fantastischen Eindruck von Japan, und besonders von Kyoto. Die Stadt gefiel mir wahnsinnig gut und ich bekam Lust, in Japan zu arbeiten.

Iwata:

Was hat Ihnen denn an Kyoto so gut gefallen?

Cuthbert:

Na ja …

Miyamoto:

(flüstert) Die Mädchen?

Cuthbert:

Na ja, schon. Ich war 18, da achtet man natürlich besonders auf so etwas. (lacht)

Alle:

(lachen)

Cuthbert:

Die Leute waren wunderbar. Alle bei Nintendo waren superfreundlich. In dieser einen Woche gingen wir in unterschiedlichste Restaurants, und das hat mich als 18-Jährigen natürlich begeistert.

Iwata:

Das Essen in Kyoto war gut und die Leute waren nett.

Cuthbert:

Ja, genau.

Iwata:

Sie haben also jeden Tag neue und interessante Dinge gehört und sich gewünscht, dass Sie an so einem Ort arbeiten könnten.

Cuthbert:

Ja. Und ich kam noch dazu aus London, wo es immer nur regnet – dagegen schien mir Kyoto unwahrscheinlich hell und sonnig. Es war einfach toll.

Iwata:

Dann waren Sie wohl zur richtigen Jahreszeit da.

Cuthbert:

Es war Juli.

Miyamoto:

Im Juli ist die Regenzeit gerade vorbei.

Cuthbert:

Es war wahnsinnig heiß. Und nicht nur heiß, es war unglaublich schwül. Ganz Kyoto jammert immer darüber, aber ich empfand das als tolle Abwechslung. (mit verwunderter Mine) Ich habe mich selbst gefragt, was für merkwürdige Gefühle ich da um alles in der Welt entwickelte. (lacht)

Alle:

(lachen)

Miyamoto:

So fühlt sich das subtropische Asien an.

Cuthbert:

Ja. Wenn man draußen ist, hat man das Gefühl, sich in einer Sauna aufzuhalten. Und ich dachte dann immer (begeistert): „Es ist viel zu schwül!“ (lacht)

Iwata:

Dasselbe dachte ich, als ich zum ersten Mal von Hokkaido nach Kyoto kam. (lacht)

Cuthbert:

Es ist ein Riesenunterschied.

Iwata:

Allerdings! (lacht)

Cuthbert:

Ich hatte einen tollen Eindruck von Kyoto gewonnen und wollte unbedingt mit Nintendo arbeiten.

Iwata:

Es ist schön, von den damaligen Zeiten zu hören. Ich würde gerne mehr darüber erfahren. Mr. Miyamoto, was hatten Sie für einen Eindruck von dem 18-jährigen Dylan?

Miyamoto:

Ich war überrascht, dass er in diesem Alter schon so raffiniert programmieren und diese Rolle ausfüllen konnte. Aber so ist diese Branche. Das schoss mir auch durch den Kopf, als ich Mr. Cuthbert zum ersten Mal sah – in unserem Feld gibt es kein Mindestalter, das man erreichen muss, um Anerkennung zu erhalten.

Iwata Asks
Iwata:

Er war in der Lage, 3D-Spiele zu erstellen, die damals das Neueste vom Neuen waren, und das im Alter von gerade mal 18 Jahren.

Miyamoto:

Genau. Und Sie wollten damals unbedingt Kanji lernen, nicht wahr?

Cuthbert:

Ja, unbedingt.

Miyamoto:

Er konnte Hiragana schreiben.

Iwata:

Ach, dann hatten Sie also Interesse an der japanischen Sprache?

Cuthbert:

Als ich damals zum ersten Mal diese eine Woche in Japan war, beschloss ich, Japanisch zu lernen. Vor dem Abflug kaufte ich mir am Flughafen ein Lehrbuch, das ich dann kaum noch aus der Hand legte. Als ich das nächste Mal nach Japan kam, konnte ich dann schon Hiragana schreiben.

Miyamoto:

Später, als er bei Nintendo anfing, habe ich ihm Japanisch beigebracht und er mir Englisch. Er sagte, mein Englisch sei seltsam, und als ich fragte, wieso, sagte er, meine Präpositionen seien völlig durcheinander.

Cuthbert:

(lacht)

Miyamoto:

Also habe ich mich in die Benutzung von Präpositionen vertieft und dann immer Dinge gefragt wie: „Muss es in diesem Fall "mit" heißen“?

Iwata:

Mr. Miyamoto sprach also auf Englisch und Mr. Cuthbert auf Japanisch?

Cuthbert:

Genau.

Iwata:

Das war wahrscheinlich die beste Methode.

Miyamoto:

Ich habe damals sehr schnell Fortschritte gemacht. (lacht)

Cuthbert:

Ja, es ging schnell, weil wir uns fast täglich sahen. Und Mr. Miyamoto hat sich sehr angestrengt, die verrücktesten Witze auf Englisch zu erzählen. (lacht)

Iwata:

Die Art von abgedroschenen Witzen, die man eher von einem japanischen Opa erwarten würde, stimmt’s? (lacht)

Cuthbert:

Genau! (lacht) Aber es hat Spaß gemacht! Und auf diese Weise habe ich auch gleich noch eine Menge über die japanische Kultur erfahren.

Miyamoto:

Ach, tatsächlich?

Alle:

(lachen)