3. Scheinbar logisch denkende Menschen

Iwata:

Ich würde gerne wissen, wie Sie beide sich überhaupt kennengelernt haben.

Alex:

Also, wir haben uns 1998 kennengelernt, vor ungefähr 15 Jahren.

Iwata:

Also direkt nach der Veröffentlichung des Nintendo 648.8. Nintendo 64: Eine Heimspielekonsole, die ursprünglich im Juni 1996 in Japan veröffentlicht wurde. Sie erschien dann im Jahr 1997 auch in Europa.

Alex:

Ich habe mein Studium ziemlich ernst genommen, deshalb habe ich eine Universität namens Centrale Paris9 besucht, die so ungefähr das Gegenstück der Kyoto University10 ist. In so einer Umgebung sind die meisten beruflichen Angebote ziemlich seriös, so dass man eigentlich die ganze Zeit eine Krawatte anhaben müsste. Dann habe ich ein einziges Praktikumsangebot mit einem Logo in Form eines außerirdischen Charakters in der Überschrift gesehen, und ich dachte: "Was ist das denn?" Es war ein Praktikumsangebot von dem Videospielstudio, für das Jérôme auch gearbeitet hat, und ich dachte mir: "Wow, das ist mal etwas anderes. Das sollte ich probieren!" Zu dieser Zeit habe ich es nicht als richtige Arbeitsstelle angesehen, in der Videospielindustrie zu arbeiten. Mein Plan war eigentlich, es nur mal auszuprobieren und mir danach einen richtigen Job zu suchen. Aber dann ist alles ganz anders gekommen.9. Centrale Paris : Eine nationale technische Universität, die 1829 in Frankreich gegründet worden ist.10. Kyoto University: Eine nationale Universität, die 1897 in Japan gegründet worden ist.

Iwata Asks
Iwata:

Das war damals noch eine sehr neue Industrie; sie war eigentlich gerade erst entstanden.

Alex:

Genau. Und zwei Tage nach Beginn meines Praktikums haben wir schon sehr interessante Dinge mit 3D ausprobiert, und mir wurde klar, dass ich die Dinge, mit denen ich mich als Hobbies beschäftigt habe, auch in einer richtigen Firma nutzen konnte. Da habe ich beschlossen, dass ich dort arbeiten wollte. Obwohl, eigentlich wollte ich erst noch mein Studium abschließen ... (lacht)

Jérôme:

Alex wollte noch seinen Doktor machen. Aber ich habe ihn davon überzeugt, in der Firma zu bleiben und keine Zeit mehr an der Universität zu verlieren.

Alex:

Ich hatte mich ja eigentlich als seriöse Person gesehen, aber Jérôme konnte meine Einstellung schnell ändern und die Arbeit war einfach zu ansprechend, um sie abzulehnen.

Iwata:

Jérôme, was hatten Sie für einen Eindruck von Alex, als Sie ihn das erste Mal trafen?

Jérôme:

Zuerst sind mir seine mathematischen Fähigkeiten aufgefallen. Er war wirklich sehr, sehr gut in Mathematik, wahrscheinlich einer der besten Mathematiker, die ich je kennengelernt habe. Ich glaube, ich hatte auch noch nie zuvor gesehen, wie jemand Mathematik so intensiv auf 3D und Spiele angewendet hat, das war also schon sehr beeindruckend. Außerdem war er sehr freundlich und wir sind schnell sehr gute Freunde geworden.

Iwata:

Zu dieser Zeit sind mathematische Fähigkeiten auf einmal viel wichtiger geworden, als sie es vorher waren.

Jérôme:

Ja, aber ich glaube, darüber haben wir damals nicht so nachgedacht. Mir hat Mathe einfach Spaß gemacht und ich habe den Trend in der Industrie nicht so wahrgenommen. Wenn ich zehn Jahre älter gewesen wäre, hätte ich das vielleicht bemerkt, aber wenn man jung und furchtlos ist, springt man einfach kopfüber ins Geschehen und hat eben seinen Spaß. Das reicht dann auch als einzige Motivation.

Iwata:

Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich bin auf genau dieselbe Art in die Computer- und Spieleindustrie gekommen. Wenn man jung ist und ein richtiges Faible für etwas hat, stürzt man sich einfach hinein, ohne darüber nachzudenken. Sie beide waren scheinbar logische denkende und mathematische Menschen, aber auch Sie haben sich ohne weitere Gedanken einfach hineingestürzt.